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Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
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Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
Presseerklärung zur Mitgliederversammlung am 25.04.98
in Windeck-Geilhausen
Hilfsstelle für evangelische Pfarrer e.V. (HfP)
Mangelnder Rechtsschutz für Pfarrer und andere kirchliche Mitarbeiter in Ev. Landeskirchen!
Vor Arbeitsgerichten, Verwaltungsgerichten und selbst vor dem Bundesverfassungsgericht sind Klagen von kirchlichen Mitarbeitern, Pfarrern und Vikaren gegen ihre Kirchen anhängig. Viele der Betroffenen vertreten inzwischen mehr als nur ihre persönlichen Rechtsinteressen. Die anfänglichen Versuche von Bischöfen und Präsides (z.B. Beier, Schneider, Kock u.a.) die Kläger als vorwiegend evangelikale Querulanten abzutun scheitern. Mittlerweile wehren sich Betroffene aller kirchlichen Strömungen. Sie sammeln sich in der "Hilfsstelle für ev.Pfarrer...e.V"
Immer mehr Kirchenjuristen bekunden in Zuschriften an die Hilfsstelle ihre Zustimmung zu den eingereichten Klagen. Sie bescheinigen den Klägern, Probleme exemplarisch aufzugreifen, die im Interesse der gesamten Kirche und Pfarrerschaft dringend zu lösen seien. Unhaltbar sei insbesondere, daß die Kirche die Alimentationen von Mitarbeitern, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, in Anwendung ihrer Abberufungsparagraphen kürze, ohne daß nach gerichtlicher Beweisaufnahme in Disziplinarverfahren Verschulden oder in Lehrbeanstandungsverfahren Verstoß gegen kirchliche Lehre festgestellt wurde, so meinen die Kirchenjuristen.
Die Betroffenen brächten große persönliche Opfer an Zeit und Geld. Deshalb raten die Juristen den Pfarrvereinen, gutachterlich die Klagenden direkt finanziell zu unterstützen, damit sie die Kosten für eine geeignete anwaltliche Unterstützung aufbringen können.
Etliche Betroffene stehen im Zuge der Verfahren im Alter von ca. 45 Jahren vor der Versetzung in den Ruhestand mit Bezügen nur knapp über der Sozialhilfegrenze! Eine Katastrophe für die mitbetroffenen Familien, deren Kinder noch im kostenintensivsten Alter sind.
Kirchenleitungen und Arbeitgeber im Bereich der Diakonie haben lange erfolgreich ihre Mobbingopfer als sogenannte Einzelfälle isoliert und als psychologisch schwierige Personen diskriminiert.
Mittlerweile treten die wahren Ursachen
immer deutlicher zutage:
- Mißbrauch des kirchlichen Rechtssystems unter Ausnutzung
gravierender
Mängel durch leitende Gremien.
- Kirchengerichte, die ihren Namen nicht verdienen, weil sie schon
nach Art und Anlage nicht wirklich unabhängige Gerichte sind.
- Gesetze, die Vorgesetzte einladen, Mobbing zu dulden oder gar zu
fördern, statt Dienstaufsicht zu üben. So erlauben es
sogenannte
Gedeihlichkeitsparagrahpen in den Pfarrerdienstgesetzen,
Persönlichkeiten
aus den Ämtern zu drängen, die in ihren Äußerungen
freimütig von der Generallinie und Interessenlage ihrer
Vorgesetzten
abweichen, ohne gegen (kirchliches) Gesetz und Recht verstoßen zu
haben.
Ins Rampenlicht tritt auch der Umgang der Kirchen mit ihrem theologischen Nachwuchs. Schlechte Führungsqualitäten in kirchlichen Leitungsämtern zeigen sich in der unterbliebenen Planung angesichts der lange absehbaren Theologenschwemme. Brennende Fragen lauten etwa:
Mit welchen Verfahren können Vikare an der Ablegung des zweiten Examens gehindert werden? Pastoren im Hilfs- und Sonderdienst stehen in wachsender Zahl im Alter zwischen 27 und 35 wieder auf der Straße. Welche Kriterien oder Interessen leiten die Auswahl, die zu Übernahme in den ständigen Dienst führt ?
Am 25.4.`98 fand die Jahreshauptversammlung der "Hilfsstelle für ev.Pfarrer - Verein zur Unterstützung evangelischer Theologinnen und Theologen, die von Mobbing, Abberufung und Entlassung betroffen sind- e.V." in Windeck an der Sieg statt. Der Sitz des Vereins ist in Moers.
Der Verein ist aus dem Zusammenschluß von betroffenen und interessierten Pfarrern hervorgegangen. Seit Jahren veranstalteten sie Tagungen zum Thema "Kirche und Recht" und zur psychosozialen Betreuung und Seelsorge an den geschädigten Eheleute und Familien.
Die Mobbingexperten des Vereins beraten Opfer, Anwälte, Juristen und Führungspersonen, die die Mißstände eindämmen möchten. Bundesweit über 100 Betroffene haben in kaum mehr als 18 Monaten die Beratung durch den Verein gesucht. Auch fassungslose Gemeindeglieder und Kirchenälteste suchen Rat beim Verein. Sie sehen mit der unverständlichen Abberufung ihres Geistlichen nicht selten die Unabhängigkeit ihrer Gemeinde bedroht. Die Machtverhältnisse in den Kirchen würden von der lebenden Kirche (Ortsgemeinde) weg verschoben hin zu Fünktionären im Mittel und Oberbau. Diese Tendenz widerspricht dem hergebrachten Gemeindeverständnis und erschüttert den Pfarrerberuf.
Der Verein ist an den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der Bitte herangetreten, im Rahmen seines Auftrags nach der Grundordnung des EKD-Artikels 7, Mittel für die Finanzierung eines hauptamtlich anzustellenden Pfarrers bereitzustellen.
Windeck an der Sieg am 24.April `98; Pastor Roland
Reuter
- Vorsitzender -
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Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
Presseerklärung vom 25.10.98 - Hilfsstelle für evangelische Pfarrer e.V.
Am 24./25. Oktober `98 versammelte die Hilfsstelle für evangelische Pfarrer e.V. neben betroffenen Pfarrern und Pfarrerinnen erstmals auch engagierte Gemeindeglieder aus verschiedenen Gemeinden, die durch Abberufung ihrer Seelsorger Schaden erleiden. Die Beratung von Gemeindegliedern, die sich für Ihren bewährten Seelsorger einsetzen, der von Kollegen oder Vorgesetzten weggemobbt wird, erweist sich als effektives Mittel zum Schutz von Gemeinde und Pfarrer oder Mitarbeiter. Die Hilfsstelle und ratsuchende Gemeinden machen damit gute Erfahrung. Die Mobbingberater des Vereins und durch sie vermittelte erfahrene Juristen bewähren sich als kompetente Schlichter und helfen bei der Entwicklung von Strategien.
Ein weiterer Schwerpunkt der Beratung lag auf der wachsenden Neigung, nun auch innerhalb der westfälischen Kirche Pfarrerabberufungen unter dem Vorwand einer angeblich vorliegenden Zerrüttung in der Gemeinde vorzunehmen. Der Hintergrund: Die Ev.Landeskirchen leisten sich Pfarrerdienstgesetze, die verkappte Häresieverfahren (Lehrbeanstandungsverfahren) zulassen.
Solche verkappten Verfahren sind allerdings hinsichtlich der zugrundeliegenden Sachverhalte unüberprüfbar, weil sie als "Abberufungen im Interesse des Dienstes" deklariert werden. De jure erfolgen keine diziplinarischen Vorwürfe oder Lehrbeanstandungen. Angeblich könne der Abberufene anderswo gedeihlicher wirken, heißt es regelmäßig. In der Regel verliert der Betroffene neben der Pfarrstelle seinen guten Ruf. Das nicht selten von Amtsträgern geschürte beredte Schweigen und Munkeln hat verheerende Folgen auch für die Angehörigen.
Maßstab dieser Lehrbeanstandungen bleibt die unfixierte Generallinie, die mächtige Kollegen oder Kirchenleiter vorgeben. Es handelt sich um eine Art politische Correctness innerhalb der Kirche - ihr Maßstab steht nicht selten im Widerspruch zur geschriebenen kirchlichen Grundordnung. In vielen Fällen bedeuten diese Verfahren auch einen Verstoß gegen die Menschenrechte.
In der Folge wird der Betroffene gefügig (-gemacht): Statt voller Anstellung und Besoldung als Pfarrer erhält er jederzeit widerrufliche "Beschäftigungsaufträge" zu 75% Gehalt. Die Einsätze erfolgen nicht selten an kurzfristig wechselnden und weit entfernten Orten. Sie sind verbunden mit der drohenden Versetzung in den Wartestand und dem anschließenden ungenügend abgesicherten Ruhestand. Auch auf Familie und Kinderzahl wird allzu häufig keine Rücksicht genommen.
Im Ergebnis besteht Berufsverbot, da die Aufnahme eines Pastorenamtes etwa in freien Kirchen lt. Pfarrerdienstgesetz mit dem Verlust aller Ansprüche auf Besoldung und Versorgung, also auch wertvoller Versicherungsjahre, beantwortet wird. Angesichts einer Theologenschwemme besteht für abberufene Pfarrer mit unverschuldet angeschlagenem Ruf kein Stellenangebot. Eingeschränkte Verdienstmöglichkeiten auch im Ruhestand und erheblicher wirtschaftlicher Schaden sind deshalb Gegenstand von Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der Verein rät Betroffenen dringend, die rechtliche Gegenwehr so offen zu gestalten, daß alle Betroffenen von den zu erwartenden Urteilen profitieren. Sie sollten nicht etwa ihre Ansprüche vorzeitig selber aufgeben und sich so um den möglichen Ertrag aus den Musterprozessen bringen. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, sich dazu mit Hilfe des Vereins geeigneten Rat zu beschaffen.
Windeck an der Sieg am 25. Oktober 1998
Pastor Roland Reuter Pastor Uwe Ludwig
- Vorsitzender
-
- Schriftführer -
idea-Dokumentation 9/97 "Mobbing in der
Kirche"
Konzern Kirche, Das Evangelium und die Macht
von Prof. G.Besier, Hänssler
Volkskirche am Abgrund, Nestvogel/Möckel,
Hänssler-Verlag
Rheinisches Pfarrblatt 1/98 4/97 3/97 1/97
4/96 Bestellung unter Tel. 02223-912146 Fax 02223-912148
Gemeinde in Not - Die Vorgänge um die
Evangelische Kirchengemeinde Wiesbaden-Sonnenberg von November 1996 bis
Mai
1998, Herausgeberin: Unabhängige
Wiesbadener
Dokumentationsstelle für Mobbingfälle in der Evangelischen
Kirche.
(Bestellung unter Tel. 0611/541748, Fax
0611/5420926)
Deutsches Pfarrerblatt, 98.Jg. Heft 10 Oktober
1998, S. 586
Jetzt Zwangspensionierung als Mittel des
Kirchenkampfes?
Regionale Informationen für das Rheinland Nr. 39 Juni 1998,
Bestellung unter Tel./Fax 0203/85306
Prof. Dr. Albert Stein, Zum Begriff der
Häresie
im Recht der Ev. Kirche im Rheinland, in: Lexutt/Bülow Hrsg. Kaum
zu
glauben, Reihe: Arbeiten zur
Theologiegeschichte
Bd. 5, 1998
Film: "Die Abberufenen - Wenn Pfarrer gehen müssen" Gott
und die Welt - Dokumentation (45 Min., WDR 3, gesendet am 21.02.98
und 26.02.98 und bei anderen Sendern, Tel. WDR 0221/2201)
PS. :Vgl. zum Thema Mobbing in der Kirche folgende Publikationen :
idea-Dokumentation 9/97 "Mobbing in der
Kirche"
Konzern Kirche, Das Evangelium und die Macht
von Prof. G.Besier, Hänssler
Volkskirche am Abgrund, Nestvogel/Möckel,
Hänssler-Verlag
Rheinisches Pfarrblatt 1/98 4/97 3/97 1/97
4/96 Bestellung unter Tel. 02223-912146 Fax 02223-912148
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Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
Möglichkeiten und Grenzen kirchlichen Rechtsschutzes (Podium - Plenum)
Aus Sicht von Mitarbeiterschaft, Betroffenen, Anwaltspraxis 29.4.`99
Beitrag der : Hilfsstelle für ev. Pfarrer e.V.
(Referent: Vorsitzender Pfarrer i.R. Roland Reuter, 43 Jahre)
"Verschwörung von oben" - so titulierte das "Allgemeine Deutsche Sonntagsblatt" am 22.Januar `99 kürzlich zur Lage der Ev.Landeskirchen. Ein gefährlicher Umbau sei im Gange : "Revolte von oben", "Kahlschlag", gigantischer Machtkampf der Kirchenverwaltungen". (Der Aufsatz aus der Feder des Studienleiters der Ev.Akademie Arnoldshain, Dr. Dietrich Neuhaus wurde im Deutschen Pfarrerblatt 2/99 erneut abgedruckt : "Eine polemische Analyse")
Wer baut den Apparat Kirche zu Lasten liberaler und evangelikaler
Gemeinden
und Pfarrer um ? Neosozialistische Linksbarthianer unter dem Deckmantel
der Organisationsentwicklung !
Die Hochrechnung unserer Daten ergibt 700 kirchenamtlich aus ihrer
Stelle getrietzte Pfarrer ohne zureichenden Rechtsschutz in den
vergangenen
12 Jahren deutschlandweit.
Dazu kommen `zig Vikare, denen ohne Zugang zu weltlichen Gerichten und ohne geeignete rechtliche Überprüfungsmöglichkeiten der Weg ins Pfarramt abgeschnitten wird : Durch Hinderung, am Examen teilnehmen zu können; Durch Willkür bei der Übernahme bzw. Nichtübernahme ..."Der Willkür ausgeliefert" ! - Sie mögen das nicht hören wollen.Es nützt aber den Kirchen nichts, nicht sehen oder hören zu wollen.
Die erschreckenden Ausmaße schlimmer Willkür sind Tatsachen, die ihre Folgen wie eine Lawine nach sich ziehen. Die Betroffenen Vielen, den Vorsitzenden der Hilfsstelle persönlich oder die Hilfsstelle mundtot zu machen, ist ein Weg, der nicht zum Erfolg führen kann.
Gegen die Realitäten kann niemand auf Dauer leben und Erfolg
haben...
Das Trietzen findet statt, weil Vorgesetzte es zulassen, weil Landes-
und
Oberkirchenräte es betreiben, weil kirchenleitende Kreise
Interesse
daran haben. Die wissenschaftliche Mobbingforschung (vgl. Heinz
Leymann,
"Mobbing" u.a. Titel und Autoren) ergibt : Die Vorgesetzten halten die
Schlüssel in der Hand. Sie könnten die Regeln des Rechts und
des Anstandes durchsetzen und das Drama stoppen.
Prof. Stein rechnet mit der Existenz verkappter
Häresieverfahren.
Bezeichnender Titel des Buches : "Kaum zu glauben" ! Darin spricht er
es
aus : "Verkappte Häresieverfahren." In der sonstigen Umwelt
heißt Ähnliches "Mobbing". Dort gibt es freilich
Rechtsschutz.
Die Kirchengerichte der EKU Kirchen aber sind keine (!)
unabhängigen
Gerichte. Das hat der Kirchenrechtler Herbert Frost festgestellt. Ihre
Urteile können von Kirchenleitungen im Verein mit Synoden kassiert
werden. Die Verwaltungskammern der EKU-Kirchen sind hörig.
Vermutlich
sind sie strukturell und ihrer Konstruktion nach hörig, aber nicht
selten leider auch personell.
Sie lehnen es ab Gesetze zu rügen, selbst wenn diese zugegebenermaßen anderen widersprechen und so der Herstellung nach falsch sind, weil Kirchenjuristen ihrer Landessynode ungeeignete Vorschläge machten und kein Synodaler es prüfte oder merkte. Und es existiert inkongruentes Recht ! Z.B. zwischen Dienstordnung des LKA, Pfarrerdienstrecht und Sondergesetzen der Landessynoden. Dafür gibt es keine Gerichte, keine Richter, keine engagierte Juristen, die bei den Kirchenleitungen Gehör finden.
Es geschieht beispielsweise, daß ein ausgelaufenes, zeitlich
befristetes
Gesetz nach Auslaufen weiter benutzt wird. Ein nur zeitweilig
ermächtigtes
Landeskirchenamt (LKA) handelt weiter, ohne daß die Landessynode
die Geltung des Gesetzes verlängert hätte. Das LKA hat
verschlafen
(?, bewußt verschlafen ?), Verlängerung zu beantragen. Die
Verwaltungskammer
läßt die Entscheidungen trotz entfallener Rechtsgrundlage
zuungunsten
der Betroffenen gelten.
Das Rechtsverständnis bei den Kirchenjuristen ist
gefährlich
verkommen oder ideologisch verdreht : Recht wird als "Mittel der
Leitung"
mißverstanden und als "Mittel der Herrschaft" benutzt.
Kirchenrecht
ist zum Waffenarsenal der Vorgesetzten verkommen. Funktionäre
suchen
sich aus, mit welchen vorgeschobenen §§ "man es machen kann"
und fragen nicht : Welcher Boden des Rechts ist vorgegeben, welche
§§
sind vorgesehen.
Superintendenten, Dekane und Prälaten sind noch unantastbarer
als
Oberkirchenräte. Der Mittelbau ist für die Pfarrer sehr
gefährlich.
Wirksame Kontrolle dieser Leitungskader fällt aus. Die
Achtung
des formalen Rechtes ist unter dem Vorwand der "Liebe" und der
"Gemeinschaft"
entfallen. Es müßte zahlreiche Disziplinarverfügungen
gegen
den bezeichneten Personenkreis leitender Kirchenfunktionäre geben,
weil sie unter dem Vorwand "gut gemeint" oder vermeintlich "um
schlimmeres
zu verhüten" formales Recht mißachten.
Funktionäre laden zu Gemeinderatssitzungen ohne Pfarrer ein, ohne
das Recht der Pfarrer zu beachten; sie empfangen Beschwerden, ohne sie
korrekt zu behandeln und unverzüglich dem angeschuldigten Pfarrer
im Wortlaut zuzuleiten; sie sammeln Denunziationen außerhalb
der Personalakte. Ämter führen Doppelakten, verborgene
Akten, unpaginierte Akten und vielfach natürlich ohne Kenntnis der
Betroffenen; Amtsträger und Gremien verweigern rechtliches
Gehör;
Vorgesetzte verdächtigen die Ihrer Fürsorge anbefohlenen
Pfarrer
durch Schüren von Gemunkel in der Öffentlichkeit unter
Berufung
auf vorgebliche Schweigepflicht... ein beredtes Schweigen entsteht,
obgleich
es ja in der Regel nichts gerichtlich verwertbares gegen die ins Gerede
gebrachten Pfarrer gibt (das müßte ja disziplinarisch oder
im
Lehrbeanstandungsverfahren geklärt werden...)
Sektenbeauftragte im verein mit Superintendenten schreiben ohne
ärztliche
Fachkenntnis psychologische Gutachten und erklären ihre Kollegen
für
krank, sie verweigern Kuren und schicken das Gesundheitsamt zur
Zwangseinweisung
eines Kollegen. Personaldezernenten nötigen Pfarrer auf
eigenen
Antrag ihre Gemeinde und Herde zu verlassen, auch wenn die
Pfarrerdienstgesetze
ein solches Verlassen gar nicht vorsehen.
In praktizierter Gutsherrenart werden für solch
ungesetzlichen
Wege finanzielle Vergünstigungen und etwas attraktivere
Ersatzbeschäftigungen
bereitgehalten, als sie im Fall der Gegenwehr aufgedrückt werden.
Die Pfarrer werden so an die individuelle Willkür ihrer in vermeintlicher Fürsorge handelnden Vorgesetzten gebunden. Die Vorgesetzten mißbrauchen in Wahrheit Macht und Kirchensteuer und tun wohl, wem sie wollen und schaden, wem sie schaden wollen. Funktionäre nötigen in den vorgeblich krankheitsbedingten Ruhestand und belasten die Gewissen von Pfarrern und Ärzten.
(Eine eindrucksvolle Dokumentation der Unfähigkeit kirchlicher
Juristen und Funktionäre, das Recht
formal und inhaltlich zu achten bietet die Petition des
Oberstaatsanwaltes
i.R. Dr. Ihle im Fall K. an eine
mitteldeutsche Landessynode; vgl. zur Sache auch die erschütternde
Dokumentation im Fall Pfr.A.P., sie
wurde an das LKA einer westdt. Landeskirche gerichtet)
Nachdem Vikar Ölke gezeigt hat, daß "Person - gegen - Person - Klagen" vor weltlichen Gerichten möglich sind, müssen wir dringend empfehlen, Kirchenfunktionäre persönlich vor weltlichen Gerichten haftbar zu machen.
(Tel. des zuständigen Gerichtes für die Person gegen
Person
Klage Ölke gegen Kirchenfunktionär :
0790591030, Urteil in der Sache wird im Mai `99 erwartet)
Kirchenleitende Instanzen wählen willkürlich, ob sie Lehrbeanstandungsverfahren einleiten, Disziplinarverfahren oder Gedeihlichkeitsparagraphen anziehen. Die Gedeihlichkeitsparagraphen leiten ein Verfahren ohne gerichtliche Beweisaufnahme ein, somit ohne Schuldvorwurf und ohne Schuldfeststellung. Von Gerichts wegen finden keine Beweiserhebung, keine Zeugenverhöre, keine Zulassung von Beweisstücken (z.B. Tonbandaufnahmen von kritisierten Äußerungen) statt. Sie sind regelmäßig ausgeschlossen ! (Das war selbst unter Geltung des alten §49, 1b PfDG so, obgleich der noch eine "Tatsachen"-anforderung stellte, die im neuen Pfarrerdienstrecht in Anpassung an die zuvor verflachte Rechtspraxis gestrichen wurde !)
Keine Verwaltungskammer hat bisher die Kraft gefunden, Kirchenleitungen die mißbräuchliche Verfahrenswahl zu verwehren und diesen Mißbrauch abzustellen. Die Kammern spielen vielmehr mit. Trotz öffentlich vorgetragener Beschuldigungen im Sinne von Lehrbeanstan- dungen und disziplinarischer Verdächtigungen erfolgt "der Einsatz" von "Gedeihlichkeitsparagraphen" "gegen" (!) die Pfarrer und Hirten der Herde. Keinesfalls wird ein Streit auf dem vorgesehenen Boden und den vorgesehenen Paragraphen ausgetragen.
Beispielhafte, so ähnlich immer wieder belegbare, Zitate aus
Schriftsätzen
von Kirchenleitungen oder
Kammern (Kirchen"gerichten") lauten : "...daß die
Sachverhaltsdarstellungen...
zu unsubstantiiert seien, um sie zum Gegenstand des
Abberufungsverfahrens
zu machen ... Es kann dahinstehen, ob die erhobenen Vorwürfe im
Detail
zutreffend sind. Wesentlich ist die Stringenz der Inhalte, wobei die
Summierung
der Fälle ein Symptom für das Vorliegen der Voraussetzungen
des
§ 49 Abs. 1b PfDG ist" (Abberufung wegen mangelnden gedeihlichen
Wirkens)."
(idea Dokumentation 9/97 "Mobbing in der Kirche" S. 82)
"Disziplinarrechtliche Konsequenzen dürfen allerdings... an ein Verhalten erst geknüpft werden, wenn dem Pfarrer eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung nachgewiesen ist. Von diziplinarrechtlichen Maßnahmen hat die Antragsgegnerein (Ev.Kirche im Rheinland) vorliegend allerdings auch bisher ausdrücklich abgesehen." (Regionale Informationen für das Rheinland Nr.39 Juni 1998 S.12) "Die Gesamtbeurteilung der Gründe, die die Antragsgegnerin (Evangelische Kirche im Rheinland) der Abberufung des Antragstellers (betroffener Pfarrer) zugrunde gelegt habe, nehme zur Frage der Schuldhaftigkeit des Handelns des Antragstellers (betroffener Pfarrer) nicht Stellung." (ebd.S.10)
Das fatale Ergebnis : Ohne Beweiserhebung, ohne gerichtlich relevante Schuldvorwürfe wird Pfarrfamilien die Versorgung in einseitiger Willkür bis auf 50% heruntergekürzt. Viele erhalten bloße "Beschäftigungen" (sic. !!), die kein voller pfarramtlicher Dienst sind, und eine mindere Rechts- und Versorgungsstellung beinhalten. Wohlgemerkt : Das erfolgt ohne (!) Schuldvorwurf geschweige denn Schuldspruch !
Darf es "Strafe" ohne Schuldfeststellung in Europa geben ? In der "Welt" nicht, in der "Kirche" doch ? In der Kirche erleben Pfarrer Arbeitsplatzverlust, faktisches Berufsverbot und kirchenamtlich einseitige Auflösung des Treueversprechens mit Versorgungskürzung bis knapp über den Sozialhilfesatz gegen den Willen der beamtenähnlich gebundenen Pfarrer, die ihrerseits die Treue unbeanstandet halten !
Diese haarsträubende Praxis hat Oberkirchenrat v.Tiling vorsichtig aber doch klar beschrieben und gerügt. Hoffentlich hat er noch nicht an zu vielen Verfahren gegen seine Überzeugung mitwirken müssen, ohne wirksam Widerstand leisten zu können. Sein Aufsatz mag vielleicht auch der Hilfeschrei eines Mitgefangenen sein, der die dunkle Gemeinschaft der Täter verlassen will.
Wer vermag in der Kirche den Pfarrern etwas nahezu selbstverständliches zu ermöglichen, nämlich daß Streit auf dem dafür vorgesehenen Boden des Rechts, den vorgesehenen Paragraphen, ausgetragen wird ?
Die EKU Kirchen haben mit ihren Verwaltungskammern nur Scheingerichte, die für die zu lösenden Fragen keine Gerichte darstellen. Der Weg der EKU- eigenen Gerichtsbarkeit- ist gescheitert, da hilft auch die neue EKU Kammer nicht. Erforderlich ist, daß die EKU nun die Altfälle mit Hilfe kirchenferner Juristen, den Anwälten der Betroffenen und anderen Fachleuten aufarbeiten läßt, die Verwaltungskammerpraxis der Gliedkirchen bei Abberufungen in der Sache und hinsichtlich der Beachtung formalen Rechts untersuchen läßt, schonungslos beschreiben läßt, rügen läßt, wiedergutmacht, daraus lernt und dann Reformvorschläge machen läßt.
Was Herr Jürgen Rohde von der EKU dazu im Radio-Sender Freies Berlin am Sonntag, den 18.April, zu sagen hatte, läßt allerdings leider keine Hoffnung aufkeimen. Verdrängen, Herrschen, den Schwachen Recht Vorenthalten scheint noch immer die Marschroute maßgeblicher kirchenleitender Eliten. (Vgl. Sendermitschrift S.15) Einige Landeskirchen sind bereits dazu übergegangen, die "Im Interesse des Dienstes" abberufenen Pfarrer nachträglich in Disziplinarverfahren zu verwickeln, die nach Abberufung ohne Beweisaufnahme oder Schuldfeststellung den guten Ruf des Pfarrers vollends ruinieren sollen. Und wenn es der Kirche nur gelänge nachzuweisen, daß der Verbleib von DM- 100,- ungeklärt sei, der Pfarrer trüge endgültig den Makel des Fehlverhaltens und die Kirchenleitung könnte mit ihren beredten Andeutungen fortfahren.
Das Muster ist bekannt : Diskreditieren, isolieren, diskriminieren, eliminieren.
Viele der Betroffenen halten das nicht aus. Sie werden in Folge des mangelnden Rechtsschutzes körperlich krank. Die Kosten der Verteidigung sprengen Versicherungsleistungen und Vermögen der Familien. Kirchenleitungen setzen nicht nur ihre Haus eigenen Juristen ein, sie lassen sich auch noch zusätzlich durch externe Anwälte vertreten. Auch daraus erwächst die erstickende Ohnmacht der Pfarrfamilien angesichts eines übermächtigen Gegners.
Kirchensteuerzahlende Pfarrer sind ohne kirchlich finanzierten unabhängigen Beistand oder Rechtsschutz. Hilfsstellen oder Selbsthilfegruppen werden keine Unterstützung durch Landeskirchen gewährt. Die EKD lehnte die differenziert und detailliert vorgetragene Bitte der "Hilfsstelle für ev.Pfarrer... e.V." kühl ab. Wer kümmert sich aber sonst um die psychosozialen Folgen bei den Opfern kirchenamtlicher Willkür ? Die Pfarrer und ihre Familien bedürfen dringend unabhängiger Anlaufstellen.Die Hilfsstelle tut so viel sie kann, um vor Selbstaufgabe bis zum Suizid zu bewahren.
Die leitenden Eliten der Kirchen beschreiten leider den Weg sogenannter "kollektiver Rechtsfindung" unter der Parole : "Gerechtigkeit trotz Grenzen der Wahrheitsfindung". Statt die Wahrheit zu erforschen beschließt das Kollektiv im Pallaver, was im zur Rede stehenden Einzelfall "Recht" sei : Ob der Pfarrer oder Vikar nach gemeinsamer Überzeugung eine Macke habe ! Das Urteil des Leitungskollektivs soll der Betroffene dann demütig als "Liebe" und "Wohlwollen" annehmen. Gelegentlich übt das Kollektiv -selbstverständlich "zum Wohl der Allgemeinheit und der Betroffenen" - die 68iger Erfindung : "Repressive Toleranz." Kopelew und Solschenizyn lassen die 68iger Neomarxisten grüßen !
Die Kirchen sind strukturell ein konsequentes Einparteiensystem mit allen negativen Folgen für Recht und Freiheit. Die Kirchengerichte verstehen sich als Teil der Aufsicht über die Pfarrer, nicht aber zugleich als Korrektiv der Kirchenleitung und nicht als juristische Berater der Synoden.
Mängelliste - wie es gehen kann : Die betroffenen Pfarrer geraten immer wieder an dieselben Personen : So kann es gehen : Jurist/in R ist für dem Kirchenkreis zuständig und berät den Kreissynodalvortsand bei der Abberufung. Jurist/in R verfügt auch per Unterschrift die Abberufung durch das Landeskirchenamt. R referiert der Kirchenleitung zum Einspruch, den der Pfarrer erhebt. R verfaßt die Begründung für den ablehnenden Bescheid der Kirchenleitung. R referiert den Fall im Beschwerdeausschuß... R unterzeichnet die Verfügung zur Versetzung in den Wartestand..., verfügt die Versetzung in den Ruhestand, verweigert Urlaubsgeld, verweigert Fortbildung, behindert Nebenerwerb... Der Superintendent, der die Abberufung betrieb wird Personalchef, nimmt die Anhörung des Pfarrers vor der Versetzung in den Ruhestand allein mit R zusammen vor... und schiebt den Pfarrer über die "Ziellinie" : "Aus" im Ruhestand !
Gerichtsbeamte sind zugleich Verwaltungsbeamte der Behörde Landeskirchenamt, die Gegner des Pfarrers in den Verfahren ist. Gerichtsbeamte unterliegen der Dienstaufsicht der beklagten Kirchenleitung (der Verfahrensgegnerin des Pfarrers), sie arbeiten Tür am Tür im selben Gebäude... Die Gerichtsverhandlungen finden im Landeskirchenamt oder ähnlichen nicht neutralen Gebäuden statt. In der Mittagspause ist Essen und Cafeteria für das gemeinsame Mahl von Verwaltungskammerrichtern und Vertretern der Kirchenleitung reserviert... für die Betroffenen ist kein Zugang zu den Raümlichkeiten, in denen die edlen Damen und Herren gemeinsam speisen...
Die Personalakten sind desolat geführt. Sie enthalten nichts und werden schriftlich für vollständig erklärt. Im Verfahren gibt es plötzlich Schriftstücke, die in die Personalakte gehört hätten. Wo wurden sie wann gesammelt ? Personalakten sind unpaginiert, mit geänderten Paginierungen versehen, auf Kopien anders paginiert als im Original, willkürlich sortiert... Akten sind einseitig zuungunsten des Pfarrers präpariert oder sortiert... Verfahrensakten werden vorgelegt, schriftlich als vollständig bezeichnet. Trotzdem tauchen immer neue Schriftstücke auf, die in den Prozeß einfließen und dem Pfarrer und seinem Anwalt bis dahin nie auf ordentlichem Wege zu Gesicht gebracht wurden. Gibt es Parallelakten ? Die Verwaltungskammer nimmt das hin, ohne sich mit den Hintergründen zu befassen. Werden noch im Verfahren Gründe für die längst verfügte Maßnahme nachgeschoben, beschafft oder "produziert" ?
Die Kirche tritt mit der fragwürdigen Konstruktion auf, sie bestünde aus den getrennten unabhängigen Körperschaften Landeskirchenamt und Versorgungskasse - solange es für sie gut erscheint. Das führt bei Vor- und Rückrechnungen von Gehältern und Versorgungsbezügen zu mehrfach Steuerzahlungen durch die betroffenen Pfarrer für die ihnen zustehenden Jahresbezüge.
Kommt es zu Rückzahlungsforderungen des Landeskirchenamtes an den Pfarrer, vermag das Landeskirchenamt sich plötzlich per direkter Anweisung gegenüber der nunmehr anscheinend weisungsgebundenen Versorgungskasse an den Versorgungsbezügen des Pfarrers zu bedienen.
Der Anspruch wird nicht an den Pfarrer gestellt, seine Einwilligung
nicht eingeholt. Seine Überweisungen nicht abgewartet. Das
Landeskirchenamt
kassiert Bruttobezüge am Pfarrer vorbei von seinen
Versorgungsansprüchen
ab, während die Versorgungskasse nur Nettobezüge
bereitstellt.
Die Versorgungskasse akzeptiert die Anweisungen des Landeskirchenamtes
über Höhe von Raten.
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Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
- Draußen vor der Tür - Einleitung
- I. Fähigkeit oder Kompetenz?
- II. Die Ohnmacht im Pfarrberuf
- Ein Beispiel: Hausbesuch
- III. ecclesia semper reformanda
von
Uwe Ludwig
aus: Rheinisches Pfarrblatt 03/98, S. 22 ff.
"Nirgendwo in der gesamten Ökumene beschäftigt sich der Pfarrerstand so oft und so intensiv mit sich selbst wie bei uns. Liegt das daran, daß man anderswo keine Zeit dafür hat?" (Ein Landeskirchenrat aus Düsseldorf in: DER WEG 34/1992 S. 17)
Aber nicht nur in der Rheinischen Kirche beschäftigt man sich mit dem Pfarrstand (Arbeitsgruppe "Pfarrbild 2000"). Landauf landab diskutieren Laien und Kirchenleitungen die Pfarrprofile am Ende des 20. Jahrhunderts - zumeist über die Köpfe der Betroffenen hinweg.
Wenn auch der Diskussionsprozeß noch nicht abgeschlossen ist,
so zeichnet sich doch schon jetzt ab, daß der Katalog der
Anforderungen
noch etwas länger wird, als er ohnehin schon ist. Konkret wird man
nicht. Die sprachliche Metaebene ist das Lager der
Pfarrbildzweitausendkommissionsmitglieder.
Meine These vorweg:
PfarrerInnen haben viele Fähigkeiten,
aber sie haben mit Sicherheit keine Kompetenz.
Das Pfarrbildzweitausendzauberwort heißt Kompetenz. Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie Zuständigkeit, Bereich sachlicher und fachlicher Verantwortung.
Hier liegt m.E. schon das erste Mißverständnis auf sprachlicher Ebene. Der Gebrauch des Wortes Kompetenz im Zusammenhang der Pfarrbildzweitausendfrage scheint die Bedeutung Fähigkeit im Sinne von Können (davon zu unterscheiden ist Fähigkeit im Sinne von Dürfen) zu meinen.
Stellvertretend verdeutlicht werden soll dies an den Ausführungen des Präses der Ev. Kirche im Rheinland und EKD-Ratsvorsitzenden Manfred Kock in seinem Referat "Pfarrerinnen und Pfarrer am Ende des 20. Jahrhunderts - Öffentliches Bild und Selbstverständnis" (gehalten auf dem 28. Tag rheinischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Bonn am 22.09.97; abgedruckt in: Rheinisches Pfarrblatt 04/97, S. 12-19):
(Wir können) "dann eine Reihe von Fähigkeiten entwickeln
und
verstärken.
1. Wir müssen diasporafähig werden...
2. Der Traditionsabbruch unserer Überlieferung erfordert
missionarische
Kompetenz...
3. Als eine weitere Anforderung gilt es, kommunikative Kompetenz zu
verbessern...
4. Die Kritik am christlichen Glauben, die Begegnung mit dem
vielfältigen
Religionsmarkt und den naturwissenschaftlichen ökonomischen
Ideologien
erfordert die Fähigkeit zur Auseinandersetzung auf der Basis
theologischer
Kompetenz...
Vielfältige Kompetenzanforderung übersteigen natürlich
die Fähigkeiten von einzelnen Menschen, daher ist Rollenteilung
auf
jeden Fall anzustreben. Begabungsschwerpunkte sind zu entwickeln und
mit
den Schwerpunkten von Kolleginnen und Kollegen zu vernetzen, wo die
eigenen
Fähigkeiten defizitär sind."
Fähigkeiten lassen sich erlernen in Aus- und Weiterbildung. Daran kann gearbeit werden. Wenn Pfarrer, die kurz vor ihrer Pension stehen, nicht ohne Stolz verkünden, daß sie in der Studienzeit ihr letztes Buch gelesen haben, weil die Gemeindearbeit nichts anderes zugelassen habe, so ist die Forderung nach Weiterbildung nur allzu verständlich. Indirekt wirft dies natürlich auch ein Licht auf die Bildungssituation der Amtsträger. Kann man im kirchlichen Amt "verblöden", ohne daß es jemandem auffällt?
Der synoyme Gebrauch der Begriffe Fähigkeit und Kompetenz im
Sprachgebrauch
betreffend das Pfarrbild führt zu einem weiteren
Mißverständnis:
(im Folgenden benutzt der Verf. das Wort Kompetenz im Sinne von
Zuständigkeit,
Bereich sachlicher und fachlicher Verantwortung)
II. Die Ohnmacht im Pfarrberuf
Der Leiter der evangelischen Zentralstelle für Beratung und Supervision, der Psychologe und Theologe Wolfgang Kinzinger, sagte in einem Interview mit dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt (Nr. 28 vom 10.07.98):
"Pfarrerinnen und Pfarrer müssen in der Gemeinde Leitungsfunktionen übernehmen. Doch viele haben das nicht gelernt."
Kinzingers Aussage trifft direkt ein strukturelles Problem der Evangelischen Kirche und damit des Pfarrberufes. Es ist zwar richtig, daß von PfarrerInnen die Wahrnehmung von Leitung erwartet wird. Aber genau diese Leitungsanforderungen und die damit einhergehende Ausstattung mit Kompetenzen sind in den Strukturen der Ev. Kirche (PfDG, KO) nicht vorgesehen. PfarrerInnen haben auch nur eine Stimme im Kirchenvorstand. Sie/Er ist auch nicht strukturell prima/primus inter pares, da die sog. Laien ebenso Vorsitzende des Kirchenvorstandes sein können.
Das sage man einmal einem Menschen aus der Wirtschaft, daß ein Leitungsverantwortlicher bei einer Sitzung, in der konträre Positionen vertreten werden, von seinem Gremium vor die Tür geschickt werden kann.
In der Kirche geht so etwas. Artikel 121 der Kirchenordnung der Ev. Kirche im Rheinland regelt: "Wer an dem Gegenstand der Beratung beteiligt ist, darf bei der Verhandlung nicht anwesend sein. Er muß auf sein Verlangen gehört werden, muß sich aber vor Beratung und Beschlußfassung entfernen."
Presbyterien machen Gebrauch von dieser Regelung und "bitten" die Pfarrerin/den Pfarrer vor die Tür, um ungestört und ungehemmt "reden" zu können. Hier wird dem Mobbing und der Falschzeugnisrede strukturell Tür und Tor geöffnet.
PfarrerInnen haben in der Tat nicht gelernt, wie sie angesichts dieser Strukturen, das für das berufliche Überleben so wichtige "Bei-Laune-Halten des Kirchenvorstandes" zustande bringen: Kegeln mit dem Baukirchmeister, Weinprobe mit dem Finanzkirchmeister, Kanasterspielen mit der 72jährigen Diakoniebeauftragten, Grillen mit allen.
In diesem Zusammenhang von Kompetenzen im Sinne von Bereich sachlicher und fachlicher Verantwortung und Zuständigkeit der Pfarrerin/des Pfarrers zu sprechen, würde grotesk anmuten.
Die Verwaltungskammer der Ev. Kirche im Rheinland hat dem
Verhältnis
des Pfarrers zu den übrigen Mitgliedern des Presbyteriums stets
eine
besondere Bedeutung beigemessen:
"Der Pfarrer ist nicht Herr, sondern Hirte der Gemeinde. Mahnung und
Hilfe von seiten der übrigen mit ihm für die Leitung der
Gemeinde
verantwortlichen Personen soll er willig annehmen (Art. 72 Abs. 2 Satz
2 KO)" [VK 12/1993; Urteil vom 29.07.93]
Diese nicht gerade auf theologisch (Wer von Hirte redet, redet auch von Schafen. Kann man nach der Reformation noch von Schafen reden?) und philosophisch (Hirten haben Hunde, schlachten Schafe) hohem Niveau anzusiedelnde Anmerkung zementiert den schon lange angemeldeten Konkurs der Leitungsarbeit. Die Phrase von der behaupteten Pfarrherrlichkeit wußte bislang erfolgreich eine sachliche Erörterung von Problemen, die sich im kritischen Diskurs um Lösungen bemüht, zu verhindern. Ein echtes Nachdenken und ein Miteinander-ins-Gespräch-Kommen wird so von vornherein unmöglich gemacht.
"Der aufklärerische Geist hat aber ohnehin schon immer gewußt, daß das Erhabene im gewaltsamen Wollen des 'Einen Reiches' verfehlt werden muß: es transformiert sich im Endstadium für den Beobachter stets zum Lächerlichen. Für den Beobachteten, nach Erhabenheit Begierigen, transformiert es sich dagegen, wie Karl-Heinz Bohrer so treffend sagt, in die 'Hysterie der sozialen Konformität' und gewinnt Gestalt im internen Zwang zur kollektiven Meinung und zur Konservierung der Form..." (Kirche ohne Bildung, Beiträge zur rationalen Theologie, von Richard Ziegert, S. 599)
Wo kann die Pfarrerin/der Pfarrer sagen: "Das gehört in meinen Kompetenzbereich"? Nirgends! Nicht einmal in Verkündigung und Seelsorge kann sie/er das. Allzu schnell wird die Anklage des Mißbrauches der Kanzel zur politischen Meinungsmache erhoben oder darauf hingewiesen, daß die selbständige Amtsführung in der Seelsorge kein Freibrief bedeutet. Ob es den Konfirmandenunterricht betrifft, die Hausbesuche oder die Frauenhilfe, überall ist der Pfarrer Reglementierungen unterworfen, die zwar einer gewissen Postbeamtenmentalität entgegenkommen, nicht aber die Entfaltung von Geist, Kunst, Kultur und die abseits aller bürgerlichen Vorstellungen liegende Begleitung von Menschen in Krisensituationen ermöglichen. Wer das nicht glaubt, der sollte sich einmal die sog. "Urteilsbegründungen" bei Abberufungsverfahren der Verwaltungskammer ansehen (Ganz wichtig: Auch die Stellungnahmen der PfarrerInnen verlangen. Die Fehlen nämlich meist. Auf sie wird nur verwiesen.)
Ein Beispiel:
Ein altbekanntes Problem in der Gemeindearbeit sind die Besuche. Die
Pfarrerin/der Pfarrer macht ständig "zu wenig" Besuche. Es gibt
immer
jemanden, der nicht besucht werden konnte. Es gibt immer jemanden, der
"gewartet" hat.
Das Presbyterium einer Kirchengemeinde kritisierte die Besuchspraxis
des Pfarrers und war der Auffassung, daß dieser zu wenig Besuche
mache. Darüberhinaus beschloß es, daß der Pfarrer am
Geburtstag
selbst die alten Leute besuchen sollte.
"Die Presbyter sind der Ansicht, daß regelmäßige
Hausbesuche
ab dem 80. Lebensjahr und, soweit zeitlich durchführbar, auch am
70.
Und 75. Geburtstag an den Geburtstagen selbst durchzuführen sind,
soweit der Wunsch des Jubilars zu berücksichtigen ist. Nur in
Ausnahmefällen
kann der Pfarrer auch einige Tage später den Besuch nachholen. Als
Ausnahmefall gilt Krankheit oder unaufschiebbare dienstliche
Abwesenheit
des Pfarrers."
Der Pfarrer erklärte, daß er die 80-jährigen und
über
80-jährigen regelmäßig, meist aus Anlaß des
Geburtstages
besuche. Zuweilen gelinge das nicht immer am Tage selbst, weil andere
Termine
dies verhinderten. Von manchen älteren Menschen wisse er auch,
daß
sie den Besuch des Pfarrers am Tage oder einige Tage nach dem
Geburtstag
vorziehen, um in Ruhe mit ihrem Seelsorger sprechen zu können. Die
Mehrheit des Presbyteriums wollte hier aber eine exakte Vorschrift und
bestand darauf, den Besuch "an den Geburtstagen selbst
durchzuführen".
Hierin sah der Pfarrer eine Einschränkung seiner seelsorgerlichen
Freiheit.
Der Pfarrer erklärte weiter, daß er Hausbesuche bei jungen
Ehepaaren mache, die eine kirchliche Trauung wünschten, sowie bei
Eltern, die ihr Kind taufen lassen möchten. Letztere nähmen
dies
besonders dankbar auf, weil sie so zu Hause wären und kein
Kindermädchen
für das Taufgespräch benötigten. Er besuche Familien in
sozialen Notlagen, um sich unmittelbar vor Ort über die Situation
zu erkundigen und um wirksam Hilfe leisten zu können. Die Kranken
in der Gemeinde würden besucht, soweit sie selbst oder ihre
Angehörigen
es wünschten und man darum wisse.
Die Verwaltungskammer der Ev. Kirche im Rheinland ignorierte die
Erklärungen
des Pfarrers einfach, ließ sie in ihrer Urteilsbegründung
völlig
unbeachtet und unterstellte, der Pfarrer habe überhaupt keine
Hausbesuche
gemacht.
"Art. 69 Abs. 1 Satz 2 KO schreibt dem Pfarrer vor, den Dienst der
Seelsorge auch durch Hausbesuche auszuüben. Hierbei ist er im
Rahmen
der kirchlichen Ordnung in seiner Amtsführung als Seelsorger
selbständig
(Art. 70 KO). Diese Bestimmung gibt dem Pfarrer jedoch keinen Freibrief
für seine Amtsführung. Die Selbständigkeit ist gegeben
für
Verkündigung und Seelsorge, es kann also einem Pfarrer nicht
vorgeschrieben
werden, wie er seine Verpflichtung zur Seelsorge anläßlich
von
Hausbesuchen wahrzunehmen hat. Seine Selbständigkeit in Sinne von
Art. 70 KO ist jedoch eingebunden in die kirchliche Ordnung im
weitesten
Sinne. Er untersteht auch in diesen Aufgaben der Dienstaufsicht und ist
an die Regelungen und Bestimmungen der Kirchenordnung gebunden. Das
bedeutet:
Das Presbyterium war zwar nicht berechtigt, darüber zu wachen, wie
der Antragsteller seine Aufgabe als Seelsorger bei Hausbesuchen
ausübt.
Es war aber geradezu verpflichtet zu prüfen, ob der Antragsteller
diese Aufgabe überhaupt wahrnahm. Dies ergibt sich allein schon
daraus,
daß es nach Art. 106 Abs. 1 i KO verpflichtet ist, den Pfarrer in
der Durchführung des geordneten Hausbesuches zu unterstützen.
Ob es diese Aufgabe in ausreichendem Maße wahrgenommen hat, ist
nicht
ersichtlich, aber auch für die Frage unerheblich, ob es den
Antragsteller
überhaupt anhalten durfte Hausbesuche durchzuführen. Auch dem
hierzu gefaßten Beschluß hat der Antragsteller sich
widersetzt;
er hat nicht, so wie vom Presbyterium erwartet, regelmäßige
Hausbesuche bei einem genau festgelegten Kreis von Gemeindegliedern (s.
hierzu den Beschluß 4.3. vom 29.November 1991)
durchgeführt."
(VK 9/1994 Urteil vom 21.06.1995)
Hat die Verwaltungskammer das Presbyterium damit als
Aufsichtsgremium
etabliert?
Dieses Beispiel mag wohl hinreichend verdeutlichen, wie es um die
Kompetenzen
im Pfarrberuf bestellt ist.
III. ecclesia semper reformanda
Kunst und Religion haben von jeher eine enge Beziehung zueinander gehabt. Beide versuchen, die Transzendenz in ihrer je eigenen Weise auszudrücken. Der Künstler hat allerdings weitaus mehr Möglichkeiten, seine Botschaften, seine Erfahrungen, seine Visionen weiterzugeben. In tausend Farben und Formen kann er sich mitteilen. Das ganze Spektrum des Regensbogens steht ihm zur Verfügung: die Erde, der Himmel, das Wasser, das Begreifbare, das Sicht- ,Tast- und Hörbare.
Der Pfarrerin/dem Pfarrer werden amtskirchlicherseits zwei Farben, schwarz und weiß, in die Hand gedrückt, und dann soll sie/er malen - Format 08x15cm - und immer das gleiche Motiv.
Es soll hier nicht bestritten werden, daß es PfarrerInnen
gibt,
die die Möglichkeit haben, in ihrer Gemeinde sehr einfaltsreich
und
phantasievoll das Evangelium den Menschen nahezubringen, die
große
Freiheiten haben und die in Ruhe ihre Arbeit tun können. Das ist
aber
eben nur geduldet. Nicht aber strukturell abgesichert. Es wird geduldet
- bis zum Konflikt. Dann nämlich wird ohne Scham hervorgekramt,
was
nur möglich ist:
das moderne Glaubensbekenntnis vor 2 Jahren Weihnachten, das ohne
Presbyteriumsbeschluss
verlesen wurde
die Scheidung vor 12 Jahren
die Predigt am Erntedanksonntag, der nicht der empfohlene Text zu
Grunde
lag
die 13,90 DM Kosten für das Eisessengehen mit Konfirmanden vor
den Sommerferien
das Engagement der Ehefrau bei Taufen, die ihrem Mann assistierte und
damit Aufgaben des Küsters wahrnahm ohne Presbyteriumsbeschluss,
obgleich
der Küster noch nie bei einer Taufe assistierte
etc.
Auch jemandem, der noch keine negativen Erfahrungen gemacht hat, muß auffallen, daß die Strukturen (KO, PfDG) seinen schnellen Fall, wenn von der Kirchenleitung "gewünscht", durchaus begünstigen.
Über das Pfarrbild 2000 kann nicht ohne eine Reform der kirchlichen Strukturen nachgedacht werden. Dem Pfarrberuf müssen klare und abgesicherte Zuständigkeiten, eben Kompetenzen, zugeordnet und übertragen werden, wie es in anderen Berufen auch der Fall ist.
"Nirgendwo in der gesamten Ökumene beschäftigt sich der Pfarrerstand so oft und so intensiv mit sich selbst wie bei uns. Liegt das daran, daß man anderswo keine Zeit dafür hat?"
Die mitnotierte Aufforderung: "Arbeitet lieber und denkt nicht so viel nach!" (s.o. Stichwort "verblöden") macht unmißverständlich klar, daß eine kritische Auseinandersetzung mit dem Pfarrberuf, erst recht in Verbindung mit der Reform kirchlicher Strukturen, nicht gewollt ist. Die Aussage von 1992 bleibt aktuell. Ein Umdenken landeskirchenrätlicherseits ist hier jedenfalls nicht bekannt.
Der Vorwurf trifft ohnehin nicht. Es war die Kirchenleitung, die die Arbeitsgruppe "Pfarrbild 2000" einsetzte. Liegt das daran, daß man im Landeskirchenamt in Düsseldorf zuviel Zeit hat? Oder will man lediglich eine jahrelang verfehlte Personalpolitik einseitig zu Lasten des Pfarrstandes kaschieren? Es ist zu einfach gedacht, die "Liste der Überforderungen" zu verlängern. Wer mehr Anforderungen an den Pfarrberuf stellt, der muß ihn auch mit mehr Kompetenzen ausstatten.
Das Pfarrbildzweitausendzauberwort heißt Kompetenz. Trotzdem?
Oder gerade deshalb?
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AMT & DIENST - KIRCHENRECHT |
Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
- Abberufung/Wartestand/Reduzierung des
Beschäftigungsumfanges
Gerichtsurteil VERWALTUNGSKAMMER DER EVANGELISCHEN KIRCHE IM
RHEINLAND VK 17/1995
- Hintergründe
- Entscheidungsgründe des Gerichts
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VERWALTUNGSKAMMER DER EVANGELISCHEN KIRCHE IM RHEINLAND VK 17/1995
U r t e i l
In der Verwaltungsrechtssache des Pfarrers i.W. ******
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ******
-Antragsteller-
gegen
Evangelische Kirche im Rheinland - vertreten dnrch die
Kirchenleitung
- Hans-Böckler-Straße 7, 40476 Düsseldorf
-Antragsgegnerin-
wegen
Reduktion eines Beschäftigungsauftrages hat die Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 1996 durch Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ****** Richterin am Verwaltungsgericht ****** Vizepräsident des Landgerichts a.D. ****** Ministerialdirigent a.D. Dr. ****** Superintendent ****** für Recht erkannt:
Der Antrag wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht
gebühren- und auslagenfrei. Die außergerichtlichen Kosten
trägt
jede Partei selbst.
Der Antragsteller ist am ****** geboren. Er ist unverheiratet hat und hat keinerlei Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen.
Ab 30. November 1986 war er Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde ****** im Kirchenkreis ******. Am 30. Oktober 1990 hat das Landeskirchenamt ihn auf seinen Antrag gem. § 54 Abs. 1 PfDG zum 1. Februar 1991 in den Wartestand versetzt; nach dem Vortrag der Antragsgegnerin soll dies geschehen sein, um ein Abberufungsverfahren gem. § 49 Abs. 1 b PfDG zu vermeiden. Gleichzeitig erteilte das Landeskirchenamt dem Antragsteller ab dem 1. Februar 1991 einen Beschäftigungsauftrag im Bereich "Ausländer und Flüchtlingsarbeit" bei der landeskirchlichen Arbeitsstelle für Erwachsenenbildung. Zum damaligen Zeitpunkt erteilte das Landeskirchenamt Pfarrerinnen und Pfarrern im Wartestand stets uneingeschränkte Beschäftigungsaufträge.
Am 21. Juli 1992 beendete das Landeskirchenamt diesen Beschäftigungsauftrag zum 31. Dezember 1992; gleichzeitig erteilte es dem Antragsteller einen neuen Beschäftigungsauftrag ab dem 1 Januar 1993 mit gleichem Aufgabengebiet beim Kirchenkreis ******.
Auf ihrer außerordentlichen Tagung im Juni 1994 beriet die Landessynode u.a. folgenden Tagungsordnungspunkt: "Perspektive Fragen zur Pfarrbesoldung, zur Stellenbewirtschaftung und zum Gesamtkonzept". Am 20. Juni 1994 beschloß sie hierzu u.a. (Beschluß 17 Abs. 2): "Von den bisher erteilten Beschäftigungsaufträgen an Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand sind mindestens 10 auf 75% ihres Umfanges zu kürzen."
Am 17. Februar 1995 teilte Landeskirchenrat ****** dem Antragsteller in einem Gespräch mit, das Landeskirchenamt beabsichtige, den Beschäftigungsauftrag des Antragstellers aufgrund des Beschlusses der Landessynode vom 20. Juni 1994 auf 75% zu reduzieren. Der Antragsteller wandte gegen eine solche Maßnahme ein: Er habe für eine bosnische Flüchtlingsfamilie (4 Personen) eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, für die er aber gegenwärtig nicht aufkommen müsse, da die Familie Sozialhilfe erhalte. Er befürchte jedoch, zu einem späteren Zeitpunkt in Regreß genommen zu werden. Er habe in ****** eine Lebenspartnerin gefunden, die örtlich gebunden sei. Er sehe daher große Probleme, sich auf freiwerdende Pfarrstellen zu bewerben. Eine Reduzierung seines Beschäftigungsauftrages könne von staatlichen Stellen so mißverstanden werden, die Kirche baue ihre Ausländerarbeit ab.
Superintendent ****** vom Kirchenkreis ****** hat sich mündlich gegen eine Kürzung des Beschäftigungsauftrages des Antragstellers ausgesprochen.
Am 21. März 1995 hat das Landeskirchenamt beschlossen, den dem Antragsteller erteilten Beschäftigungsauftrag im Kirchenkreis ****** zum 1. September 1995 auf 75% eines uneingeschränkten Auftrags zu reduzieren. Die Gründe dieses Beschlusses sind im Schreiben des Landeskirchenamtes an den Antragsteller vom 10. April 1995 niedergelegt; dieses Schreiben ist dem Antragsteller am 26. April 1995 durch Aushändigung zugestellt worden.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Der Antrag des Pfarrers ist zulässig (§§ 2 Abs. 2, 10 VwKG). Er ist jedoch unbegründet
Das Landeskirchenamt war gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 PfDG berechtigt, den Beschäftigungsauftrag des Antragstellers auf 75% zu reduzieren. Aufgrund dieser Vorschrift kann das Landeskirchenamt einem Pfarrer im Wartestand widerruflich die Verwaltung einer Pfarrstelle oder einen anderen kirchlichen Dienst übertragen. Der Pfarrer im Wartestand ist verpflichtet, diesen Dienst zu übernehmen, wenn ihm zugesichert wird, daß der Auftrag mindestens sechs Monate bestehen bleibe, sofern nicht später eintretende Gründe zum Widerruf nötigen. Nach Ablauf der 6-Monats-Frist ist das Landeskirchenamt berechtigt, den Beschäftigungsauftrag zu widerrufen, ohne daß es auf solche Gründe ankommt. Dies schließt als die den Betroffenen weniger belastende Maßnahme die Möglichkeit ein, den Beschäftigungsauftrag nicht vollständig, sondern lediglich teilweise zu widerrufen, d.h. auf einen minderen Umfang zu reduzieren. Mit dem Beschluß vom 20. Juni 1994 hat die Landessynode das Landeskirchenamt und die Kirchenleitung angewiesen, eine solche Maßnahme in mindestens zehn Fällen zu treffen. Sie war als Leitungsorgan der Antragsgegnerin zu einer solchen Entscheidung gemäß Art. 168 Abs. 1 K0 berechtigt; die Kirchenleitung ist an diesen Beschluß gebunden und hat ihn gem. Art. 192 Abs. 3 e, 203 Abs. 1 KO mit Hilfe des Landeskirchenamtes auszuführen. ....
.... Die Verwaltungskammer kann nicht überprüfen, ob die Art der dem Antragsteller übertragenen Aufgabe eine Beschränkung auf 75% ihres bisherigen Umfang verträgt. Es ist ausschließlich Sache der Antragsgegnerin als Dienstgeberin des Antragstellers darüber zu entscheiden, welche Aufgabe in welchem Umfang sie ihm als Pfarrer im Wartestand gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 PfDG übertragen will. Dies ergibt sich allein schon daraus, daß sie die rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, ihm von Anfang an einen eingeschränkten Beschäftigungsauftrag zu erteilen. Ob die jetzt angeordnete Reduzierung zweckmäßig ist, hat - abgesehen von den oben erörterten Ermessensfragen - allein die Antragsgegnerin zu verantworten. Dies ist keine nach § 3 VwKG nachprüfbare Ermessensentscheidung.
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AMT & DIENST - KIRCHENRECHT |
Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
Abberufung und gedeihliches Wirken
- Hintergründe (Sollstellenplan mit kw
Vermerk)
- GKR beantragt Abberufung weil gedeihliches
Wirken fehlt
- Intrigen und Günstlingswirtschaft
- Kirchenleitung beruft ab
- Pfarrer klagt wegen Verfahrensfehler und weil
Begründung fehlt
- Verwaltungsgericht gibt Pfarrer recht (Urteil)
- Kirchenleitung legt Berufung ein, weil
schriftliche
Begründung dem Pfarrer schaden würde !!!
- Antrag des Pfarrers auf Ablehnung der
Berufungsklage
- Berufung wird abgewiesen
URTEIL
- Pfarrer wird zum "politischen Beamten" mit
Abwahlmöglichkeit
- Tatsachenermittlung fehlt
- Anspruch auf rechtliches Gehör vor
Kreiskirchenrat
- Sinn und Zweck der Abberufung
- Abberufung ist kein Mittel der Personalpolitik
- Wie gedeihliches Wirken zu kontrolieren ist
- Verhältnismäßigkeit der Mittel
Kommentar: Der substantielle Hintergrund der Abberufung ist nicht bekannt. Aus dem Ablauf des Verfahrens ist aber deutlich, daß Mitglieder kirchenleitener Gremien Vorstellung über die Tätigkeit eines Gemeindepfarrers haben, die dieser nicht erfüllen wollte oder konnte. Nähere schriftliche Begründungen seien nicht nötig, wenn sich GKR, Kreiskirchenrat, und Kirchenleitung einig sind.
In dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes der EKU kommt nun deutlich zum Ausdruck, daß im Vorfeld von Abberufungen arbeitsrechtliche Maßnahmen (Abmahnung, Weisungen) erforderlich sind.
Das Urteil macht deshalb indirekt die Notwendigkeit von konkreten Dienstanweisungen für den Pfarrer deutlich, damit ein überprüfbarer Maßstab, wenigstens für das Bemühen um gedeihliches Wirken, geschaffen wird. Dieser Maßstab fehlte (Minimum an gerichtlicher Überprüfbarkeit). Der Pfarrer bekam in zwei Instanzen recht. Die Abberufung war unzulässig. In den jeweiligen Argumentationen kommt dem Urteil Präzedenzcharakter zu.
Da der folgende Text zwei Verfahren (Klage des Pfarrers und Berufung
der beklagten Kirche) beschreibt, wird es für Außenstehende
schwierig, die Begriffe Kläger, Klägerin, Berufungsbeklagte
etc
den Beteiligten zuzuordnen. Die Links sollen deshalb auf die
wichtigsten
Aussagen und Begründungen kommentierend hinweisen.
Farbige Kennzeichnung Rot = Landeskirche, Blau = Pfarrer
VERWALTUNGSGERICHTSHOF
der Evangelischen Kirche der Union
VGH 15/98 (VG 15/97)
URTEIL
In der kirchlichen Verwaltungsrechtssache
des Pfarrers ***
Klägers und Berufungsbeklagten,
Prozeßbevollmächigter:
Rechtsanwalt ***
gegen
die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, vertreten durch das
Konsistorium,
Bachstraße 1-2, 10555 Berlin,
Beklagte und Berufungsklägerin,
hat der Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union
auf
die mündliche Verhandlung vom 12. November 1999 durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht ***,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht ***,
den Superintendent i.R. ***,
den Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht i.R. ***
und die Pfarrerin ***
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg vom 25. Juni 1998 wird
zurückgewiesen.
(Seite 2)
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
I.
Der Kläger ist - nachdem er zuvor schon in anderen
Kirchengemeinden
tätig war - seit dem l. Februar 1994 Inhaber der (ehemals 2.)
Pfarrstelle
der ***kirchengemeinde in *** Der 11 ordentliche Mitglieder umfassende
Gemeindekirchenrat faßte auf seiner Sitzung am 7. Januar 1997 in
Abwesenheit des Klägers und des Superintendenten *** zum
Tagesordnungspunkt
"Regionalisierung" mit 8/0/0 Stimmen folgende Beschlüsse:
a) der GKR beschließt zur Verringerung des Stellenvolumens
gemäß
Sollstellenplan folgende kw-Vermerke
Stelle Ist
kw
Stelleninhaber
Pfarrer 1
0,5......***
Pfarrer 0,5
0,5
***
Katechetin ....
Kirchenmusik ....
Küster ....
Kirchenwart
b) Der GKR sieht in der Arbeit des Pfarrers *** keine Perspektive
für die ***kirchengemeinde mehr und beschließt, bei der
Kirchenleitung
auf seine Ablösung hinzuarbeiten. Sup. ***, Dr. *** und Herr ***
werden
beauftragt, diesbezüglich im Konsistorium vorstellig zu werden.
(Seite 3)
Am 14. Januar 1997 beschloß der Gemeindekirchenrat nach
Erläuterung
der Gründe des den Kläger betreffenden Beschlusses und
nachdem
der Kläger erklärt hatte, daß er keinen Anlaß
sehe,
seine Arbeit in der ***kirchengemeinde für gescheitert anzusehen
und
daraus die Konsequenzen zu ziehen, weiterhin:
Der GKR bekräftigt den Beschluß von 07.01.97 und beantragt
die Abberufung von Pfr. *** nach § 84 des
Pfarrerdienstgesetzes
vom 15. Juni 1996.
Der GKR bittet den Kreiskirchenrat, das Anliegen des GKR der
***gemeinde
mit einem gleichlautenden Antrag nach § 84 (2) an die
Kirchenleitung
zu unterstützen.
An der Abstimmung über diesen ebenfalls mit 8/0/0 Stimmen
gefaßten
Beschluß nahm Superintendent *** nicht teil.
Der Kreiskirchenrat *** beschloß am 11. Februar 1997 mit den
Stimmen aller 11 ordentlichen Mitglieder einhellig:
Der KKR *** beantragt bei der KL der EKiBB entspr. § 84 (2) des
Pfarrerdienstgesetzes vom 15. Juni 96 die Abberufung des Pfarrers ***
aus
seiner Pfarrstelle an der ***kirchengemeinde. Der KKR macht sich damit
den Antrag des GKR der ***kirchengemeinde zu eigen (§ 84 (l).2.
Weitere Beschlüsse des Kreiskirchenrats und Gemeindekirchenrats
führten dazu, daß das Konsistorium den Kläger mit
Beschluß
vom 25. Februar 1997 gemäß § 86 PFDG n.F. beurlaubte.
(Seite 4)
Am 26. März 1997 fand eine Anhörung des
Gemeindekirchenrats
gemeinsam mit dem amtierenden Generalsuperintendenten und dem
Personaldezernenten
statt. In dem darüber gefertigten Vermerk vom 27. März 1997
hielt
der Personaldezernent u.a. folgendes fest:
Als Ergebnis des Gesprächsgangs steht fest, daß das
gedeihliche
Zusammenwirken zwischen der Gemeinde und Pfr. *** nicht mehr
gewährleistet
ist. Den Erwartungen der Gemeinde kann Pfr. *** nicht entsprechen.
Ursache
dafür ist, daß Pfr. *** Fehlleistungen nicht einräumt
und
Tatsachen, die auf seine Fehler verweisen, verleugnet. Er weicht
Konflikten
aus, und wenn Kritik an ihm doch geäußert wird, nimmt er
eine
Schutzhaltung ein, so daß ein Gespräch nicht mehr
möglich
ist. ... Seine eigenen Fehler versucht er zu verbergen, indem er
anderen
unterstellt, deren Verursacher zu sein. ...
Unterlagen über die Anhörung des Klägers durch das
Konsistorium,
die am 5. und 12. Mai 1997 stattgefunden haben soll, sowie über
die
Anhörung des Kreiskirchenrats und des Generalsuperintendenten
finden
sich in den Personalakten nicht. Der Kläger trat jedoch
ausweislich
dieser Akten alsbald und verschiedentlich schriftlich an die
Kirchenleitung
heran und erklärte: Während seiner gesamten Dienstzeit in der
***kirchengemeinde habe er mit keinem Kreis und keiner Gruppe Krach
oder
Ärger gehabt, ausgenommen hiervon die Gremienarbeit des GKR. Die
Ältesten
hätten niemals mit ihm über empfundene Spannungen oder
Ärgernisse
das Gespräch gesucht (Bl. 14 d. PA). Seit November 1995 seien
nennenswerte
Spannungen aufgetreten. In erster Linie habe es zunehmende Konflikte
mit Superintendent *** gegeben. Dieser habe verschiedentlich
Fehlentscheidungen
verursacht. Trotz seiner gelegentlichen Warnungen sei es im
Gemeindekirchenrat
nie dazu gekommen, daß die Mehrheit- anders abgestimmt hätte
als
(Seite 5)
der Superintendent, so daß Gegnerschaften von Nachbargemeinden,
Gemeindepädagogen, Eltern der Kita und auch Teilen der aktiven
Gemeindeglieder
zum Gemeindekirchenrat entstanden seien. Er sei so in eine
Außenseiterposition
geraten. (Bl. 44 d. PA). Mündlich erklärte er am 27. Februar
1997 gegenüber dem Personaldezernenten außerhalb einer
förmlichen
Anhörung:
Die Tatsache, daß die Sekretärin des Superintendenten und
Amtsbruders des Klägers, Superintendent ***, zugleich Vorsitzende
des Gemeindekirchenrats sei, erschwere die Lage. Er fühle sich
infolge
dieser bestehenden Zusammenarbeit zwischen Superintendent und
Sekretärin
in der Gemeinde alleine-gestellt (Bl. 21 d. PA). Der Kläger und
andere
Gemeindemitglieder baten die Kirchenleitung wiederholt schriftlich um
eine
Gemeindeberatung, Supervision, Mediation o.ä. (Bl. 15, 52, 72 b d.
PA). Der Kläger verwies auch "auf das Problem unserer Kirche, kaum
einen anderen geeigneten Arbeitsplatz" für ihn zu haben (Bl. 44 R
d.PA).
Die Kirchenleitung beschloß in ihrer Sitzung am 16. Mai 1997,
den Kläger aus seiner Pfarrstelle der ***kirchengemeinde ***
gemäß
§ 84 Abs. l Ziff. 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 85 Abs. l
PfDG
n.F. abzuberufen. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid
vom
26. Mai 1997, das gedeihliche Wirken in der Gemeinde sei nicht mehr
gewährleistet.
Dies finde in den einstimmig gefaßten Beschlüssen des
Gemeindekirchenrats
und des Kreiskirchenrats seinen Ausdruck. Die Kirchenleitung habe bei
ihrer
Entscheidung das Ergebnis der Anhörungen des Gemeindekirchenrats,
des Kreiskirchenrats und des Klägers berücksichtigt. Der
Gemeindekirchenrat
habe in seiner Anhörung zum Ausdruck gebracht, daß die
Vorstellungen
des Klägers vom Leben in der Gemeinde mit jenen des
Gemeindekirchenrats
nicht in Übereinstimmung zu bringen gewesen seien. Es sei dem
Gemeindekirchenrat zu keinem Zeitpunkt gelungen, dem Kläger zu
vermitteln,
in welcher Weise die Gemeinde nach Ansicht des Gemeindekirchenrats zu
leiten
sei. Der Grund für diese Schwierigkeiten in der Kommunikation
liege
darin, daß der Kläger gegenüber dem Gemeindekir-
(Seite 6)
chenrat Wahrnehmungschwierigkeiten bewiesen habe. Das alles habe
Spannungen
zur Folge gehabt, die wegen der gestörten Kommunikation nicht
hätten
behoben werden können. Auch dem Kreiskirchenrat seien von
verschiedener
Seite Spannungen vorgetragen worden, die zwischen dem Kläger und
dem
Gemeindekirchenrat bestanden hätten. Der Kläger selbst
räume
ein, sich dem Druck des Gemeindekirchenrats ausgesetzt zu fühlen
und
Schwierigkeiten mit dessen einzelnen Mitgliedern empfunden zu haben. Zu
einer Aussprache darüber sei es nach eigenen Aussagen des
Klägers
nicht gekommen. Dadurch seien die Probleme in der Zusammenarbeit mit
der
Gemeinde erschwert worden.
Hiergegen hat der Kläger Klage
erhoben
mit dem Antrag, den Bescheid der Kirchenleitung vom 26. Mai 1997
aufzuheben.
Er hat Verfahrensfehler gerügt. Insbesondere sei ihm weder
vom Gemeindekirchenrat noch vom Kreiskirchenrat rechtliches Gehör
gewährt worden. Der Sachverhalt sei auch von der Kirchenleitung
nicht
richtig aufgeklärt worden, insbesondere fehle es an einer
schriftlichen
Stellungnahme des Generalsuperintendenten. Schon deswegen sei die Ermessensentscheidung
fehlerhaft. Es lägen aber auch keine Abberufungsgründe
vor.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten
und
hat zur Frage der Anhörung des Generalsuperintendenten
vorgetragen:
Durch dessen Teilnahme an der Anhörung des Gemeindekirchenrats,
durch
wiederholte Gespräche mit dem Personaldezernenten in dieser Sache
sowie schließlich durch die Mitwirkung bei der
Beschlußfassung
der Kirchenleitung sei dem Erfordernis ausreichend Genüge getan.
Das Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in
Berlin-Brandenburg
hat der Klage mit folgender Begründung stattgegeben.
Die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 PfDG n.F. seien zwar
erfüllt.
Insbesondere seien die Beschlüsse des Gemeindekirchenrats und des
Kreiskirchenrats formell ordnungsgemäß und mit der
gesetzlich
vorausgesetzten Mehrheit zustandege- (Seite 7) kommen. Auch eine
Verletzung
des rechtlichen Gehörs durch den Gemeindekirchenrat oder
Kreiskirchenrat
sei nicht festzustellen. Nach § 27 Satz l PfDAG obliege die
Anhörung
der am Abberufungsverfahren Beteiligten allein dem Konsistorium. Wie
sich
mittelbar aus dem Schweigen in der Begründung des Bescheids
ergebe,
fehle es jedoch an der ordnungsgemäßen förmlichen Anhörung
des Generalsuperintendenten nach § 85 Abs. 2 Satz 2 PfDG
n.F..
Erforderlich sei dessen eigenständige Stellungnahme. Eine solche
lasse
sich hier nicht aus der Niederschrift über die unter seiner
leitenden
Mitwirkung durchgeführte Anhörung des Gemeindekirchenrats
herleiten.
Auch zusätzliche Besprechungen mit dem Personaldezernenten
könnten
nicht ausreichen, wenn sie nicht in einer für die Kirchenleitung
und
das Gericht nachvollziehbaren Weise zeitnah aktenkundig gemacht worden
seien. Ebenso wenig reiche die Teilnahme des Generalsuperintendenten an
der entscheidenden Sitzung der Kirchenleitung aus. Denn der
Generalsuperintendent
sei nach Art. 82 Abs. l Nr. 3 GO ohnehin geborenes Mitglied der
Kirchenleitung.
Wenn das Gesetz gleichwohl seine Anhörung vorsehe, könne dies
nur den Sinn haben, daß das Ergebnis dieser Anhörung schon
vor
der Sitzung der Kirchenleitung, also bei Abschluß der
Vorbereitung
der Beschlußfassung vorliegen solle. Dieser Verfahrensfehler
müsse auch als wesentlich angesehen werden, weil angesichts der
nur
begrenzten Überprüfbarkeit der Entscheidung nach § 84
Abs.
2 Pf DG n.F. der Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens
besondere
Bedeutung zukomme.
Angesichts des festgestellten Verfahrensfehlers bedürfe es keiner
Entscheidung über materielle Bedenken gegen die Abberufung. Auf
sie
sei aber hinzuweisen. § 84 Abs. 2 PfDG n.F. stelle insoweit einen
selbständigen Abberufungsgrund dar, als bei Vorliegen der
Voraussetzungen
die fehlende Gewährleistung eines gedeihlichen Wirkens des
Pfarrers
in der Pfarrstelle gesetzlich vermutet werde. Eine an die
qualifizierte
Antragstellung anknüpfende Automatik der Abberufung dürfe es
aber mit Blick auf die Aufgaben und die Stellung (Seite 8) des
Gemeindepfarrers
nach der Grundordnung nicht geben. Daher habe die
Kirchenleitung
im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens eine angemessene
Abwägung
der Interessen der Gemeinde und des Betroffenen vorzunehmen. Das setze
voraus, daß die Standpunkte der Beteiligten in nachvollziehbarer
Weise dargestellt und gewürdigt seien. Diese Würdigung solle
die förmliche Anhörung ermöglichen. Es erscheine daher
bedenklich,
wenn in der Vorlage für die Kirchenleitung ausschließlich
wertende
Begriffe verwandt würden wie "fehlende Teamfähigkeit",
"mangelnde
Wahrnehmungsfähigkeit" oder "unterschiedliche Vorstellungen von
der
Art, eine Gemeinde zu leiten". Sie müßten durch konkrete
Ereignisse
oder detaillierte Beschreibungen der Erwartungen an den Pfarrer
nachvollziehbar
gemacht werden. Auf diesen Nachvollzug seien die Kirchenleitung, der
Betroffene
und das Gericht angewiesen. Daher habe schon das Konsistorium in der
Anhörung
auf derartige Konkretisierungen zu drängen.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte
vorgetragen:
Der Auffassung des Verwaltungsgerichts zur notwendigen Anhörung
des Generalsuperintendenten durch das Konsistorium vor Abfassung der
Beschlußvorlage
für die Kirchenleitung sei fehlerhaft. Sie übersehe,
daß
das PfDAG dem Konsistorium die Leitung des Abberufungsverfahrens und
damit
zugleich ein Verfahrensermessen eingeräumt habe. Das Konsistorium
sei frei darin, daß Ergebnis der Anhörung des
Generalsuperintendenten
aktenmäßig festzuhalten oder aber ihn dieses Ergebnis selbst
vortragen zu lassen. Auch nach dem Normzweck des § 85 PfDG n.F.
müsse
es ausreichen, wenn die Meinung des Generalsuperintendenten zum
Abberufungsantrag
der Kirchenleitung vor ihrer Entscheidung in einer Weise bekanntgegeben
werde, daß sie von der Kirchenleitung gewürdigt werden
könne.
Das sei hier geschehen. Superintendent *** als amtierender
Generalsuperintendent
habe nicht nur das Verfahren laufend begleitet, sondern auch selbst
Gelegenheit
genommen, sowohl mit dem Gemeindekirchenrat als auch mit dem
Kläger
zu sprechen. Seine abschließende Meinung habe er vor der
Entschei-
(Seite 9)
dung der Kirchenleitung in deren Sitzung mündlich vorgetragen.
Verständlicherweise sei ihr ein außerordentliches Gewicht
zugekommen.
An der Abstimmung seien auch nur Mitglieder der Kirchenleitung
beteiligt
gewesen, die an der Sitzung teilgenommen hätten.
Zu den materiellen Hinweisen des Verwaltungsgerichts sei zu bemerken:
Die Kirchenleitung habe sich bei ihrer Entscheidung von Umständen
leiten lassen, die nicht in vollem Umfang in die Begründung des
Abberufungsbescheides
eingegangen seien. Daß weitere Informationen, Ansichten und
Aussagen
im Zuge der Beratung in der Kirchenleitung eine erhebliche Rolle
gespielt
hätten, sei offenkundig. Von ihrer schriftlichen
Erörterung
in der Begründung sei abgesehen worden, um die Darstellung der
unerfreulichen
Seiten des Streites zu vermeiden. Es sei weder Aufgabe der
Kirchenleitung
noch des Konsistoriums, mit der Abberufung auch noch eine Demontage der
Betroffenen zu bewirken. Im übrigen habe der Kläger
Spannungen
zwischen ihm und dem Gemeindekirchenrat selbst eingeräumt. Bei der
Anwendung des selbständigen Abberufungstatbestandes könne es
aus systematischen Gründen nicht darum gehen, auf einzelne
Vorwürfe
einzugehen. Die zu bewertenden Vorkommnisse und Tatsachen seien nur
ursächlich
für das Abberufungsverfahren, nicht jedoch begründend. Von
dem
in § 84 Abs. 2 PfDG n. F. eingeräumten Ermessen sei
hinreichend
Gebrauch gemacht, wenn wertend festgestellt werde, daß die
Anträge
der Gremien nicht willkürlich gestellt worden seien und daß
allein Gründe, die in der Person des Betroffenen, hier des
Klägers,
lägen, zu den Anträgen der beteiligten Gremien
geführt
hätten. In das Ermessen sei hingegen nicht die Beurteilung
einzubeziehen,
ob ein gedeihliches Wirken des betroffenen Pfarrers noch
gewährleistet
sei oder nicht. Das Ermessen beziehe sich ausschließlich auf die
Willkürfreiheit der Gremienbeschlüsse zum Abberufungsantrag.
Die Beklagte beantragt,
(Seite 10)
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere hält er
die Bedenken des Verwaltungegerichts für begründet, daß
auch ein Ermessensfehlgebrauch vorliege.
Die Berufung der Beklagten ist nicht
begründet.
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Anwendung des §
84 PfDG n. F. treffen im wesentlichen zu; das gilt insbesondere auch
für
die strengen Anforderungen an das Verwaltungsverfahren (l.). Es kann
aber
offen bleiben, ob hier der vom Verwaltungsgericht angenommene
Verfahrensfehler
einer unzureichenden Anhörung des Generalsuperintendenten durch
das
Konsistorium vorgelegen hat (2.). Ebenso kann dahinstehen, ob nicht
doch
der Kreiskirchenrat den Kläger vor der Beschlußfassung
über
die Antragstellung nach § 84 Abs. 2 PfDG n. P. hätte
hören
müssen (3.). Denn jedenfalls ist die Entscheidung der
Kirchenleitung
materiell ermessensfehlerhaft, weil sowohl die Begründung des
Bescheides
vom 26. Mai 1997 als auch die dazu im Gerichtsverfahren gegebenen
Erläuterungen
der Beklagten die gebotene Abwägung der beteiligten Interessen
nicht
erkennen lassen (4.).
l. Die Vorschrift des § 84 PfDG n.F. ist ohne Vorbild.
Nach ihr können Gemeindepfarrer auch abberufen werden, wenn der
Gemeindekirchenrat
und zusätzlich der Kreiskirchenrat mit einer Mehrheit von zwei
Dritteln
des ordentlichen Mitgliederbestandes dies beantragt hat. Die Vorschrift
ist im Schrifttum insbesondere vor dem Hintergrund, daß ihre
Anwen-
(Seite 11) dung ohne ein förmliches Verfahren in den
vorzeitigen
Ruhestand führen könne, scharf kritisiert worden (von
Tiling
ZevKR 1998, 55 ff.; Stein, Kirche und Recht 310, S. l ff.). Die
Regelung
komme praktisch einer Abwahlmöglichkeit gleich; ein derart
eröffneter Weg in den Ruhestand entferne sich einerseits vom
Typenzwang
der im staatlichen Recht mit Verfassungsrang ausgestatteten
hergebrachten
Grundsätzen des Berufsbeamtentums; andererseits konfligiere er
auch
mit dem Grundsatz von der Unversetzbarkeit des Pfarrers, der nach
gemeinem
Kirchenrecht nur in engen Ausnahmefällen und nur unter besonderen
verfahrensrechtlichen Anforderungen durchbrochen werden dürfe (von
Tiling a.a.O. s. 67 ff.). Der Pfarrer werde nach der neuen Vorschrift
wie
ein "politischer Beamter" behandelt, ohne durch Besoldungs-
und
Versorgungsbezüge in entsprechender Höhe gesichert zu sein;
gegenüber
anderen Arbeitnehmern werde er schlechter gestellt, weil der Verlust
des
Arbeitsplatzes im Arbeitsrecht einen "wichtigen Grund" voraussetze, der
benannt werden müsse und von den staatlichen Gerichten
überprüft
werde könne, so daß ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz
stattfinde (Stein a.a.O. S. 5 f.).
Die Kritik erschöpft nicht einmal sämtliche Defizite, die
im Vergleich zum staatlichen Arbeitsrecht bestehen. Man denke nur an
die
dort vorgesehenen Abmahnungserfordernisse und die obligatorischen
Schlichtungsversuche.
Die Kritik übersieht auch nicht die Besonderheiten des
arbeitsrechtlichen
Tendenzschutzee, weil § 84 Abs. 2 PfDG n.F. Sachverhalte
erfaßt,
die - anders als die rechte Verkündigung des Glaubens -
regelmäßig
außerhalb des Tendenzschutzes liegen. Sie ist vor allem deshalb
ernst
zu nehmen, weil es für einen Pfarrer, wenn er auf diesem Wege
frühzeitig
in den Ruhestand gelangt, wegen seiner speziellen Ausbildung nicht
gerade
leicht fallen wird, sich beruflich umzuorientieren und eine andere
Arbeit
zu finden. Gleichwohl meint der Senat, daß es möglich ist,
die
gesetzliche Regelung im Einzelfall unbedenklich anzuwenden.
Denn
als Ermessensvorschrift beläßt die (Seite 12) Regelung Raum
für eine Rechtsanwendung, die in formeller und materieller
Hinsicht
der potentiellen Bedeutung der Maßnahme für den betroffenen
Pfarrer noch hinreichend Rechnung trägt. Nur eine daran
orientierte
Auslegung entspricht allerdings den Erfordernissen des allgemeinen
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes,
der auch im Kirchenrecht zu beachten ist. Mit Recht fordert von Tiling
daher, daß ein ordnungsmäßiges Erhebungsverfahren mit
entsprechenden Rechten des Betroffenen, eine sorgfältige
Begründung
und (soweit nicht durch den Gesetzeswortlaut und dessen Zweck
abgeschnitten)
eine Überprüfungsmöglichkeit durch das
kirchliche
Gericht nötig erscheinen (a.a.O. S. 69 f.; die Notwendigkeit
kirchengerichtlichen
Rechtsschutzes für derartige Fälle sieht auch Rohde ZevKR
1996,
369, 380).
2. Zweifelhaft erscheint dem Senat allerdings, ob dem
Verwaltungsgericht
für den vorliegenden Fall darin zu folgen ist, daß es an der
ordnungsgemäßen förmlichen Anhörung des
Generalsuperintendenten
nach § 85 Abs. 2 Satz 2 PfDG n.F. fehle, weil von diesem stets
eine
eigenständige Stellungnahme zu fordern sei, die in einer für
die Kirchenleitung und das Gericht nachvollziehbaren Weise zeitnah
aktenkundig
gemacht worden sei. Diese Forderung mag in der Regel berechtigt sein.
Sind
aber die Erhebungen des Konsistoriums vollständig und begleitet
der
Generalsuperintendent sie von Anfang bis Ende, gibt er
schließlich
vor Abfassung der Vorlage für die entscheidende Sitzung der
Kirchenleitung
zu erkennen, daß er die maßgeblichen Tatsachen als
vollständig
ermittelt ansehe und sich auch den Bewertungen in der Vorlage
uneingeschränkt
anschließe, bestätigt er dies zumindest während seiner
Teilnahme an dieser Sitzung, so mag ausnahmsweise von einer
eigenständigen
Stellungnahme abzusehen sein, wenn auch ein derart angelegter
Verfahrensgang
der gesetzlichen Intention, unterschiedliche Sichtweisen in die
Entscheidung
einfließen zu lassen, nicht optimal entspricht. (Seite 13) In die
Richtung einer solchen Ausnahme zielt das Vorbringen der Beklagten.
Dabei
ist jedoch unklar geblieben, ob ein derartiger Verfahrensablauf so
umfassend
und in allen Einzelheiten substantiiert dargetan worden ist; vor allem
ist strittig geblieben, ob ein solcher Sachverhalt wirklich vorgelegen
hat. Um dies abschließend würdigen zu können,
hätte
es weiterer Tatsachenermittlungen bedurft. Davon konnte der
Senat
jedoch absehen, weil die Berufung aus anderen Gründen
zurückzuweisen
war.
3. Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Senat
Zweifel, ob sich der Auffassung des Klägers, aus Gründen des
rechtlichen Gehörs sei eine Anhörung des betroffenen Pfarrers
durch den Kreiskirchenrat erforderlich, die Regelung des § 27 Satz
l PfDAG entgegenhalten läßt. Zwar obliegt hiernach die
Anhörung
der am Abberufungsverfahren Beteiligten allein dem Konsistorium. Der
Kreiskirchenrat
ist jedoch selbst Verfahrensbeteiligter, nämlich - zusammen mit
dem
Gemeindekirchenrat - Antragsteller. § 27 Satz l PfDAG gilt daher
möglicherweise
nur für das erst durch die Antragstellung ausgelöste
Verfahren.
Die nachträgliche Anhörung durch das Konsistorum
erübrigt
auch wohl der Sache nach nicht die Anhörung des betroffenen
Pfarrers
durch den Kreiskirchenrat. Denn handelt es sich bei § 84 Abs. 2
PfDG
n.F. um einen eigenständigen Abberufungstatbestand, der bei
Vorliegen
der Voraussetzungen die Überprüfungsbefugnis der
Kirchenleitung
im Vergleich zu den Fällen des § 84 Abs. l Nr. 2 PfDG n.F.
einschränkt,
so verschlechtert sich schon allein aufgrund des Beschlusses des
Kreiskirchenrates
die Rechtsstellung des betroffenen Pfarrers in ganz erheblicher Weise.
Von daher könnte es naheliegen, dem Pfarrer einen Anspruch auf
rechtliches Gehör gegenüber dem Kreiskirchenrat einzuräumen.
Auch insoweit bedarf es jedoch keiner abschließenden
Entscheidung,
weil jedenfalls die Entscheidung der Kirchenleitung sich als
ermessensfehlerhaft
darstellt.
(Seite 14)
4. Wie schon das Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus,
daß es sich bei § 84 Abs. 2 PfDG n.F. um einen im
Verhältnis
zu § 84 Abs. l Nr. 2 PfDG n. F. selbständigen
Abberufungstatbestand
handelt, bei dessen Vorliegen die fehlende Gewährleistung eines
gedeihlichen
Wirkens des Pfarrers in der Pfarrstelle gesetzlich vermutet wird.
Ausweislich der Entwurfsbegründung sollen durch die Neuregelung
"unter
Umständen sehr langwierige und für alle Beteiligten
beschwerliche
Verfahren, insbesondere Feststellungen eines 'nicht gedeihlichen
Wirkens'
vermieden werden", ist die entscheidende Kirchenleitung "aber auch in
diesem.
Fall nicht an die Vorentscheidungen der antragstellenden Organe
gebunden"
(zitiert nach Stein a.a.O. S. 5 mit Fußnote 19). Die Verwendung
des
Begriffs "können" verdeutlicht zweifelsfrei, daß der
Kirchenleitung
ein Ermessen eingeräumt ist.
Die Beklagte hat sich im vorliegenden Verfahren zu Recht auf den
Standpunkt
gestellt, daß sie sich anstelle von abschließenden
Feststellungen
zum angeblichen oder wirklichen Vorliegen eines "nicht gedeihlichen
Wirkens"
auf eine Mißbrauchskontrolle beschränken kann. Einem
Mißbrauch
ist wie folgt vorzubeugen:
Die Beschlüsse des Gemeindekirchenrats und des Kreiskirchenrats
dürfen nicht zu anderen Zwecken als zu denen der Behebung eines
Zustandes
fehlenden gedeihlichen Wirkens in der Pfarrstelle gefaßt, worden
sein. So ist das Abberufungsverfahren beispielsweise kein
Instrument
der Personal- und Stellenbewirtschaftung. Es ist auch nicht dazu
geschaffen,
eine frühere Auswahlentscheidung zu revidieren und sich eines
schwachen
oder schwierigen Pfarrers zu entledigen, um so das Feld für einen
vermeintlich besseren oder genehmeren Nachfolger zu ebnen. Ebenso wenig
eignet es sich dazu, Maßnahmen wegen einer möglichen
Dienstunfähigkeit
zu umgehen und so den strengeren Verfahrensanforderungen an die
vorzeitige
Versetzung in den Ruhestand auszuweichen. Es ist auch kein Ersatz
für
Disziplinar- oder Lehrbeanstandungsverfahren
(Seite 15) (von Tiling a.a.O. S. 69). Auch im übrigen ersetzt
es nicht die Dienstaufsicht, sondern setzt bei sonst dienstaufsichtlich
beeinflußbarem Fehlverhalten des Pfarrers geradezu den
vergeblichen
Einsatz oder aber die vorhersehbare Wirkungslosigkeit der Mittel der
Dienstaufsicht
voraus: Werden Vorwürfe gegen den Pfarrer erhoben, die
Verstöße
gegen die Grundordnung, Kirchengesetze oder sonstige kirchenrechtliche
oder staatliche (z.B. arbeitsrechtliche) Rechtsvorschriften zum
Gegenstand
haben, bleiben daher Weisungen und Abmahnungen weiterhin in Betracht zu
ziehen.
Eine dem Mißbrauch vorbeugende Kontrolle hat im Rahmen des
Ermessens
stattzufinden. Das Konsistorium und die Kirchenleitung haben hier
entsprechenden
Anhaltspunkten nachzugehen. Darauf allein sind die Ermittlungen jedoch
nicht zu beschränken. Zwar müssen die Ursachen langwieriger
persönlicher
Feindschaften und die Einzelheiten einer Zerrüttung der
persönlichen
Beziehungen in der Pfarrstelle nicht aufgeklärt werden. Die
Voraussetzungen
des § 84 Abs. l Nr. 2 PfDG sind nach Sinn und Zweck der
Neuregelung
nicht vollständig nachzuzeichnen. Jedoch hat die Kirchenleitung
die
Vertretbarkeit der Entscheidung des Gemeindekirchenrats und des
Kreiskirchenrats
dazu, daß ein gedeihliches Wirken des Pfarrers in der Pfarrstelle
nicht mehr gewährleistet ist, anhand konkreter Stichproben zu
überprüfen.
Daß dies geschehen ist, muß im Interesse eines Minimums
an gerichtlicher Überprüfbarkeit in den Gründen des
Bescheides dargelegt und anhand wenigstens eines typischen Beispiels
verdeutlicht
werden.
Entgegen der im Berufungsverfahren verdeutlichten Auffassung der
Beklagten
darf sich jedoch die Ermessensausübung keineswegs auf die
Mißbrauchskontrolle
beschränken. Zusätzlich ist das klassische
Rechtsfolgeermessen
auszuüben, insbesondere ist die
Verhältnismäßigkeit
der vorgesehenen Maßnahme zu prüfen. Hieraus folgt
zunächst,
daß zu würdigen ist, ob die Abberufung erforderlich
erscheint.
Das ist nicht der Fall, wenn mildere (Seite 16) Mittel ernsthaft Erfolg
versprechen. Als solch mildere Mittel sind ganz allgemein Abmahnungen,
Beratungsgespräche und dergleichen in Betracht zu ziehen.
Ferner
sind die Folgen, die eine Abberufung bzw. das Unterbleiben einer
Abberufung
erwarten läßt, einander gegenüberzustellen und
abzuwägen.
Auf seiten des betroffenen Pfarrers ist zu berücksichtigen, was
die
Abberufung für ihn künftig bedeuten würde, z.B. wie
groß
- auch unter Berücksichtigung seiner bisherigen Laufbahn - die
Aussichten
sind, eine andere Pfarrstelle zu finden (vgl. § 87 Abs. 2 Satz 2
PfDG
n.F.). Erscheint dies unsicher oder gar zweifelhaft, so ist weiterhin
zu
prüfen, wie sehr ein Wartestand und ein sich daran
anschließender
Ruhestand nach seinen persönlichen Verhältnissen
(Alter,
Familienstand, Zahl der Kinder u.s.w.) ihn und seine nächsten
Angehörigen
ansonsten belasten würden (§ 87 Abs. 2 Satz 4 PfDG n.F.). Auf
seiten der Gemeinde ist zu berücksichtigen, ob und wieweit der
betroffene
Pfarrer seine Aufgabe in der Gemeinde noch erfüllen kann.
Bei
dieser Prognose ist insbesondere zu berücksichtigen, welchen
personellen
Umfang der anlaßgebende Konflikt angenommen hat und wie sehr er
sich
erkennbar - etwa durch Zeitablauf - verfestigt hat. Bei unklarer
Prognose
hinsichtlich der Wirksamkeit milderer Mittel oder der
Erträglichkeit
der weiteren Entwicklung bei unveränderten Verhältnissen in
der
Gemeinde gilt: Je schwerer die vorhersehbaren Folgen für den
Pfarrer
wiegen
und je mehr das Verhalten des Pfarrers beispielsweise durch dienstliche
Weisungen oder Abmahnungen bzw. die Situation in der Gemeinde durch
Beratungsgespräche
oder ähnliches beeinflußbar erscheint, desto eher
müssen
derartige Maßnahmen als ein milderes Mittel in Betracht gezogen
und
versucht werden. Auch für die Ausübung des
Rechtsfolgeermessens
gilt im übrigen, daß die maßgeblichen Erwägungen
im Interesse eines Minimums an gerichtlicher Überprüfbarkeit
mit ihren wesentlichen Zügen in den Gründen des Bescheides
dargelegt
werden müssen.
In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die angefochtene
Entscheidung
der Kirchenleitung als ermessensfehlerhaft. Die (Seite 17) Beklagte hat
nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen ausdrücklich nur eine
Mißbrauchskontrolle für erforderlich gehalten.
Dementsprechend
schweigen die Gründe des Bescheides gänzlich zu den
Erfolgsaussichten
eines Versuchs, durch den Einsatz milderer Mittel ein gedeihliches
Zusammenwirken
zu ermöglichen. Zu derartigen Überlegungen hätte
aber
jedenfalls insoweit Veranlassung bestanden, als einerseits
Beratungsgespräche
o.ä. in Eingaben ernst zu nehmender Gemeindemitglieder angeregt
worden
waren, andererseits selbst in den Gründen des Bescheids vom 26.
Mai
1997 Hinweise darauf enthalten sind, daß - aus welchen
Gründen
auch immer - es zu einer Aussprache über die Schwierigkeiten bei
der
Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Gemeindekirchenrats nicht
gekommen
sein soll. Möglicherweise war auch zwischen den ersten Anzeichen
eines
Konflikts - nach Angaben des Klägers wurden sie erst im November
1995
erkennbar - und der Beschlußfassung des Gemeindekirchenrats ein
unter
Umständen noch als kurz zu bezeichnender Zeitraum verstrichen, der
für sich gesehen eine unüberwindliche Verfestigung der
gegensätzlichen
Positionen noch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nahelegen
mußte.
Vor allem aber schweigen die Gründe des Bescheids vom 26. Mai 1997
ebenfalls gänzlich zu den nach den persönlichen
Verhältnissen
zu erwartenden Belastungen des Klägers. Das Alter des
Klägers,
sein Familienstand, der Stand seiner Versorgungsanwartschaften, seine
Aussichten,
eine andere Gemeinde zu finden, und die dafür maßgeblichen
Umstände,
etwa auch frühere Wechsel der Gemeinde, werden mit keinem Wort
erwähnt.
Der Kläger selbst hatte schon frühzeitig auf die
ungünstige
Situation hingewiesen, für ihn eine weitere Pfarrstelle zu finden.
Die Berücksichtigung dieser Umstände war zur fehlerfreien
Ausübung
des Ermessens unverzichtbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 3 VwGG. Kosten des Verwaltungsgerichtshofs sind nicht entstanden.
! Für die Richtigkeit der vorliegenden Abschriften wird keine Gewähr übernommen !
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AMT & DIENST - KIRCHENRECHT |
Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |
Zulässigkeit der Klage vor staatlichen Verwaltungsgerichten
- Tatbestand: Abberufung, Wartestand,
Minderung
der Bezüge, Ruhestand
- Urteil und Begründung der kirchlichen
Verwaltungskammer
- Begründung der Klage vor Verwaltungsgericht
Köln (Zuständigkeit, Beamtenrecht)
- Antrag der Kirche auf Abweisung
Urteil:
- Klage vor Verwaltungsgericht ist zulässig
- öffentlich-rechtliche Streitigkeit
nicht verfassungsrechtlicher Art.
- Überprüfung kirchlichen Handelns
möglich
- Klage ist aber in diesem Fall unbegründet
- a) Höhe des Wartegelds und
Mindestanforderung
sozialer Sicherung
- b) Versetzung in den Ruhestand muß erst
innerkirchl. geklärt werden
Kommentar: Der
substantielle Hintergrund der Abberufung ist nicht bekannt. Aus dem
Ablauf
des Verfahrens ist aber deutlich, daß in den folgenden Jahren mit
Wartestand und Beschäftigungsaufträgen dann der Pfarrer
bereits
mit 44 Jahren pensioniert wurde.
Wichtig an diesem Urteil ist, daß in vermögensrechtlichen
Fragen der Rechtsweg bei staatlichen Gerichten eröffnet ist und
somit
eine Überprüfbarkeit kirchlichen Handelns möglich wird.
Bezüglich der Höhe der Bezüge geht das Gericht davon
aus,
daß die Mindestanforderungen sozialer Sicherung ausreichend
gegeben
ist.
Verwaltungsgericht Köln
im Namen des Volkes
Urteil
10 K 6812/97
Verkündet: 06.12.2000
In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren
des ***, Klägers,
Prozessbevollmächtigte: ***
gegen
die Evangelische Kirche im Rheinland, Heinz-Böckler-Straße
7, 40476 Düsseldorf, Beklagte,
wegen Kirchenrecht
hat die 10. Kammer
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 06.12.2000
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ***,
die Richterin am Verwaltungsgericht ***,
die Richterin ***,
den ehrenamtlichen Richter ***,
den ehrenamtlichen Richter ***
(Seite 2)
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
Tatbestand
Der 1957 geborene Kläger wurde 1987 Inhaber der 2. Pfarrstelle
in der Kirchengemeinde ***.
Durch Beschluss des Landeskirchenamtes vom 30.11.1993 wurde der
Kläger
mit Wirkung vom 01.07.1994 aus der Pfarrstelle abberufen.
Hiergegen
wandte sich der Kläger im Ergebnis erfolglos mit dem
kircheninternen
Widerspruchsverfahren. Anschließend führte er vor der
Verwaltungskammer
der evangelischen Kirche im Rheinland ein kirchengerichtliches
Verfahren,
welches mit Urteil vom 27.03.1995 seinen Antrag auf Aufhebung des
Bescheides
des Landeskirchenamtes vom 30.11.1993 ablehnte.
Mit Beschluss vom 09.10.1995 des Landeskirchenrates wurde der
Kläger
mit Wirkung vom 1.12.1995 in den Wartestand versetzt. Auch
gegen
diesen Bescheid wandte sich der Kläger zunächst mit dem
Widerspruchsverfahren
und nach dessen für ihn erfolglosen Abschluss mit einer Klage vor
der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche. Mit Urteil vom
11.11.1996
wurde sein sinngemäßer Antrag, seine Versetzung in den
Wartestand
aufzuheben, und sein Hilfsantrag, mit der Versetzung in den Wartestand
keine Minderung des Diensteinkommens des Antragstellers
vorzunehmen,
abgelehnt.
Die Verwaltungskammer führt im Urteil aus:
Die Versetzung in den Wartestand beruht auf § 53 Abs. 3
Pfarrerdienstgesetz
in der Bekanntmachung vom 31.05.1991. Danach ist ein Pfarrer in den
Wartestand
zu versetzen, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach der Abberufung
in eine
(Seite 3)
neue Pfarrstelle berufen wird. Seit Unanfechtbarkeit der Entscheidung
müssen mindestens sechs Monate vergangen sein. Diese
Voraussetzungen
sind vorliegend erfüllt und werden von dem Antragsteller auch
nicht
in Frage gestellt.
In der Sache sind die Einwendungen des Antragstellers gegen die angefochtene Entscheidung unbegründet. Der Antragsteller stützt seine Einwendungen darauf, dass die kirchliche Wartestandsregelung nach erfolgter Abberufung mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar sei. Damit begehrt der Antragsteller eine Überprüfung, ob das Pfarrerdienstgesetz und Rheinische Ausführungsgesetz mit übergeordnetem Recht vereinbar sind. Ein solches richterliches Prüfungsrecht steht der Kammer nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist sie an die Kirchenordnung und die Kirchengesetze gebunden und darf deren Rechtmäßigkeit nicht überprüfen. In der Evangelischen Kirche im Rheinland gibt es keine Verfassungsgerichtsbarkeit.
Der Hilfsantrag setzt ebenfalls voraus, dass die Kammer die zugrunde
liegende kirchengesetzliche Vorschrift über die Versetzung in den
Wartestand gem. § 53 Abs. 3 PfDG für verfassungswidrig
erklärt.
Ein dahingehendes Prüfungsrecht hat die Kammer nicht. Sie kann
daher
auch dem weniger weit gehenden Antrag nicht entsprechen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 07.01.1997 zugestellt.
Mit Bescheid vom 13.02.1997 wurden von der gemeinsamen Versorgungskasse
die Versorgungsbezüge (Wartegeld) festgestellt. Bei der Berechnung
wurden 75% der Dienstbezüge eines Pfarrers zu Grunde gelegt.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, dieses Verfahren
ruht nach Angaben des Klägers.
Am 10.06.1997 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht
Düsseldorf
Klage erhoben. Mit Beschluss vom 18.07.1997 hat sich das (Seite 4)
Verwaltungsgericht
Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und
das Verfahren an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen.
Begründung der Klage:
Der Kläger ist der Auffassung, dass Kirchen öffentliche Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 S. l GG ausüben. Wegen versorgungsrechtlicher- und vermögensrechtlicher Ansprüche sei damit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Der Verwaltungsrechtsweg sei ferner zulässig, weil der staatliche Justizgewähranspruch dieses gebiete. Er beanstandet die Kürzung seiner Wartebezüge um 25 % verglichen mit einem Pfarrer im aktiven Dienst. Zwar sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich die Möglichkeit gegeben haben, Pfarrer in den Wartestand zu versetzen. Die damit verbundene Gehaltskürzung verstoße gegen staatliches Recht insbesondere Art. 33 Abs. 5 GG. Nach dieser Vorschrift habe sich auch die Beklagte zu richten, denn sie habe die rechtliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse dem Beamtenrecht entnommen und sich diesem Recht angelehnt. Gemäß der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht seien die vollen Bezüge weiterzuzahlen. Der Pfarrer habe ein Anspruch auf amtsangemessene Dienst- und Versorgungsbezüge und amtsangemessene Beschäftigung. Ferner führt der Kläger an, dass die Rechtsprechung des BVerwG zu der Teilzeitbeschäftigung von Beamten analog auch für Kirchenbeschäftigte anzuwenden sei. Danach habe ein Beamter im staatlichen Dienst Anspruch auf eine ganze Stelle.
Man dürfe nicht unberücksichtigt lassen, dass die
Versetzung
in den Wartestand verschuldensunabhängig erfolge.
Gleichzeitig
sei es dem Pfarrer im Wartestand aber verwehrt, das entgangene Gehalt
durch
einen Nebenverdienst auszugleichen, da der Pfarrer der Beklagten
für
eine weitere Verwendung jederzeit zur Verfügung stehen müsse.
.Aber auch die (Wieder-)Zuweisung in eine Pfarrstelle stehe im Ermessen
der Beklagten. Der Pfarrer im Wartestand werde also
verschuldensunabhängig
diszipliniert, eigentlich stehe er schlechter da als ein Pfarrer, gegen
den ein Disziplinarverfahren angestrengt werde, denn dieser könne
sich durch dieses Verfahren von dem Vorwurf befreien.
(Seite 5)
Ferner verstoße auch die "Zwangspensionierung", die nach
3 Jahren im Wartestand drohe, gegen Verfassungsrecht.
Der Kläger (Pfarrer)
beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vom 01.12.1995 bis
30.11.2000 den Unterschiedsbetrag zwischen den Ihm zustehenden
Bezügen
als Pfarrer der Beklagten und den ihm gezahlten Wartestandsbezügen
zu zahlen und festzustellen, dass die Versetzung des Klägers in
den
Ruhestand zum 01.12.2000 unzulässig war.
Die Beklagte (Kirche) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Verwaltungsrechtsweg sei nicht
eröffnet.
In der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2000 haben die Beteiligten
erklärt, dass der Kläger zum 01.12.2000 in den Ruhestand
versetzt
worden ist. Der Kläger hat gegen den diesbezüglichen Bescheid
kircheninterne Rechtsmittel angekündigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
ergänzend
auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtsweg ist eröffnet. Der Rechtsweg ist
allerdings
nicht schon bindend gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 3
Gerichtsverfassungsgesetz
durch den Verweisungsbeschluss des VG Düsseldorf vom 18.07.1997
festgelegt,
da die Ver-
(Seite 6)
Weisung lediglich aufgrund der örtlichen Unzuständigkeit
erfolgte und auch nur diesbezüglich eine Bindungswirkung entfalten
kann,
vgl. zu letzterem Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar
11. Aufl. § 83 Rn. 14.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist auch nicht durch eine
spezialgesetzliche Regelung gem. § 135 S. 2
Beamtenrechtsrahmengesetz
-BRRG- eröffnet. Von der durch den staatlichen Gesetzgeber
eingeräumten
Möglichkeit hat die Beklagte keinen Gebrauch gemacht.
Vorliegend ist der Rechtsweg gemäß der Generalklausel
des § 40 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- eröffnet. Denn es
handelt sich hier um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht
verfassungsrechtlicher Art.
Die vorliegende Streitigkeit beruht auf dem (ehemaligen) Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten. Dieses ist als öffentlich-rechtlich zu bestimmen, da die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz l Weimarer Reichsverfassung -WRV-) und als solche dienstherrenfähig ist, mit der Folge, dass das Dienstverhältnis zu ihren Pfarrern öffentlich-rechtlich ausgestaltet werden kann, vgl. dazu auch die Ermächtigung in § 135 BRRG. Dieses hat die Beklagte durch die Schaffung eines kirchenrechtlichen Personalrechts, einer Besoldungs- und Sozialordnung getan. Der Kläger ist auch als Pfarrer der Beklagten gemäß diesen Dienstvorschriften in sein Amt berufen und abberufen worden; gemäß den kirchenrechtlichen Besoldungsvorschriften wurde er sowohl im aktiven Dienst als auch im Wartestand besoldet.
In der ansonsten unübersichtlichen Rechtsprechung
selbst
der Obergerichte,
vgl. dazu BVerfG 2. Kammer des Zweiten Senats Beschluss v. 25.02.1999
-2 BvR 548/96- in NVwZ 1999, 758 mit weiteren
(Seite 7)
Nachweisen und BVerfG 2. Kammer des Zweiten Senats Beschluss v.
15.03.1999
-2 BvR 2307/94-,
bezüglich der Frage, ob der Rechtsweg vor staatlichen Gerichten
bei Streitigkeiten aus dem Amtsverhältnis von Pfarrern mit ihrer
Kirche
gegeben ist, herrscht jedenfalls insoweit Einigkeit, dass wenn
diesbezüglich
überhaupt der Rechtsweg eröffnet ist, jedenfalls die
Verwaltungsgerichte
zur Entscheidung berufen sind,
vgl. OVG NRW Urteil v. 22.03.1994 -5 A 2378/93- m.w.N.
Dementsprechend sehen die Arbeitsgerichte den Rechtsweg zu den
Arbeitsgerichten
auch nur dann als gegeben an, wenn sich die Kirchen zur Ausgestaltung
des
Arbeitsverhältnisses eines Arbeitsvertrages bedient haben, d.h.
ein
Arbeitnehmerverhältnis begründet worden ist,
vgl. BVerfG Beschluss v. 04.06.1985 -2 BvR 1703,1718/83 und 856/84-
in E 70, 138, 166; BAG Urteil v. 07.02.1990 -5 AZR 84/89- in: NJW 1990
2082.
Vorliegend liegt kein Arbeitnehmerverhältnis, sondern ein
öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten vor.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist indes nicht deswegen
ausgeschlossen, weil die Streitigkeit innere Angelegenheiten der
öffentlich-rechtlichen
Kirche berühren kann,
so noch die Kammer in: VG Köln Urteil v. 28.04.1993 -10 K
1578/91-,
aufgehoben durch OVG NRW Urteil vom 22.03.1994, 5 A 2378/93.
Dieses folgt zwar nicht schon aus Art. 19 Abs. 4 GG, der jedermann
Rechtsschutz gegen die öffentliche Gewalt, gewährt. Denn mit
öffentlicher Gewalt im Sinne dieser Vorschrift ist nur die
staatliche
öffentliche Gewalt gemeint. Dazu gehören die Kirchen
(Seite 8)
nicht. Denn diese werden nicht selbst durch die bloße Stellung
als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu einem Teil des
Staatswesens.
Sie üben nicht, auch nicht gegenüber ihren Mitgliedern und
Beschäftigten
staatliche öffentliche Gewalt aus.
Jedoch folgt aus der allgemeinen Justizgewährpflicht des Staates,
die aus Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 92 ff GG zu entnehmen
ist, dass dem Spannungsverhältnis aus der Pflicht des Staates,
einen
allgemeinen, möglichst lückenlosen effektiven staatlichen
Rechtsschutz
zu bieten, mit dem in Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV garantierten
Selbstverwaltungsrecht
der Kirchen auch in anderer Weise Rechnung getragen werden kann, als
den
Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten grundsätzlich zu verwehren,
vgl. OVG NRW Urteil vom 22.03.1994, 5 A 2378/93.
Den widerstreitenden Rechten wird vielmehr durch eine
grundsätzliche
Eröffnung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsweges verbunden mit
einer
auf den Einzelfall abgestimmten Intensität der Überprüfung
kirchlichen Handelns am Besten Rechnung getragen. Dabei wird
staatlicher
Rechtsschutz umso weniger intensiv ausfallen, je mehr sich die
Streitigkeit
dem Kern der den Kirchen verfassungsrechtlich gewährten Autonomie
nähert. Auch nach dieser Auffassung ist es Ausdruck der inneren
Kirchenautonomie,
dass diese ihre Organisation, ihre inneren Normen und ihr geistliches
Personal
ohne Einflussnahme des Staates bestimmen kann. So werden die Grenzen
staatlicher
Rechtsschutzgewährung bei Maßnahmen, die den Status eines
Geistlichen
insgesamt betreffen, grundsätzlich enger zu ziehen sein, weil
regelmäßig
nachhaltige Auswirkungen auf die Verwirklichung des kirchlichen
Auftrages
zu erwarten sind,
vgl. OVG NRW Urteil vom 22.03.1994, 5 A 2378/93.
Mit dieser Auffassung ist auch die Rechtsprechung, die
grundsätzlich
zwischen rechtswegeröffnenden vermögensrechtlichen
(Seite 9)
Streitgegenständen und sog. statusrechtlichen Streitgegenständen,
für die staatlicher Rechtsweg nicht eröffnet sein soll,
unterscheidet,
zu vereinbaren. Denn allein durch die Eröffnung des
Verwaltungsrechtsweges
wird in das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen nicht eingegriffen. Mit
der Eröffnung des Rechtsweges ist noch nicht gesagt, dass alle
staatlichen
Rechtssätze innerkirchlichen Regeln vorgehen,
so auch BVerfG l. Kammer des 2. Senats Beschluss v. 18.09.1998 -2 BvR
1476/94-.
Vielmehr wird die Kammer bei Streitgegenständen, die auch den
Status eines Pfarrers berühren können, in der eigentlichen
Sachprüfung
das Ausmaß der kirchlichen Autonomie bzw. die sachliche
Anwendbarkeit
staatlichen Rechts zu bestimmen haben.
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen der allgemeinen Leistungsklage
und der Feststellungsklage sind erfüllt. Der Grundsatz der
Subsidiarität
der Feststellungsklage ist gewahrt, da dem Kläger keine andere
Klageart
der Verwaltungsgerichtsordnung zur Verfügung steht.
Die Klage ist hingegen unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen den ihm zustehenden Bezügen als aktiver Pfarrer der Beklagten und den ihm gezahlten Wartestandsbezüge (a). Ferner hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die gerichtliche Feststellung, dass seine Versetzung in den Ruhestand zum 01.12.2000 unzulässig sei (b).
(a) (Höhe des Wartegelds und Fürsorgepflicht)
Während des streitbefangenen Zeitraums bis zum 01.12.2000 war
der Kläger in den Wartestand versetzt und hatte (lediglich)
Anspruch
auf Wartegeld in Höhe von 75 % der ruhegehaltsfähigen
Dienstbezüge.
Die Versetzung in den Wartestand ist von der Kammer nicht zu
überprüfen
und ist im übrigen nicht Streitgegen-
(Seite 10)
stand des vorliegenden Verfahrens. Das dem Kläger gewährte
Wartegeld entspricht kirchenrechtlichen Vorschriften. Diese
tatsächlichen
Umstände stellt der Kläger nicht in Frage.
Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen die zu Grunde
liegenden kirchenrechtlichen Regelungen, die die Bezüge eines
Pfarrers
im Wartestand auf 75 % der aktiven Dienstbezüge begrenzen, auch
nicht
gegen höherrangiges staatliches Recht.
Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG scheidet von vornherein aus,
weil diese Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts,
Beschluss vom 28. November 1978— 2 BvR 316/78 -, NJW 1980, 1041;
Beschluss
vom 5. Juli 1983 - 2 BvR 514/83 - in: NJW 1983, 2569, 2570, und des
Bundesverwaltungsgerichts,
Urteil vom 15. Dezember 1967 - 6 C 68.67 -, BVerwGE 28, 345, 351;
Urteil
vom 25. Oktober 1968 - 6 C 1.65 - BVerwGE 30, 326 332; Urteil vom 25.
November
1982 - 2 C 21.78 -, BVerwGE 66, 241, 250; Urteil vom 25. November 1982
- 2 C-31.81 -, NJW 1983, 2582, 2583,
auf die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Kirchen
weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden ist. Art. 33 Abs. 5 GG
enthält
inhaltliche Vorgaben lediglich für die Regelung des
"öffentlichen
Dienstes" als Bestandteil der Staatsverwaltung, nicht jedoch für
kirchenrechtliche
Dienstverhältnisse.
Im übrigen würde selbst bei Anwendbarkeit des Art. 33 Abs.
5 GG die konkrete kirchenrechtliche Ausgestaltung des Wartestandes mit
hergebrachten Grundsätzen zu vereinbaren sein, da es
beamtenrechtliche
Entsprechungen gibt.
Der Wartestand oder einstweilige Ruhestand ist ein hergebrachtes
beamtenrechtliches
Institut, dessen Voraussetzungen - etwa bei
Organisationsänderungen
nicht vom Verschulden des Beamten abhängen. Das Wartegeld betrug
überwiegend
75 %, zeitweise 80 % und
(Seite 11)
zeitweise - bei sogenannten politischen Beamten- mindestens 50 % der
ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge,
vgl. zum Ganzen ausführlich OVG NW, Urteil vom 23.09.1997 -5 A
3031/95.
Bis zur Neufassung des Landesbeamtengesetzes NW im Jahre 1962 blieb
der Wartestandsbeamte -bei Verlust seiner Planstelle auch beamten- und
disziplinarrechtlich dem aktiv tätigen Beamten gleichgestellt,
vgl.
§ 37 Abs. l LBG NW vom 29. Juni 1954, GV NW S. 237).
Auch die vom Kläger angeführte Rechtsprechung zum Verbot
des Teilzeitbeschäftigungszwanges bei staatlichen
Beamten,
vgl. BVerwG Urteil v. 02.03.2000 -2 C 1/99- in NJW 2000, 2521,
vermag der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn zum einen gilt dieses
Verbot für staatliche Beamte und fußt auf dem hergebrachten
Leitbild des Berufsbeamtentums, letztlich also wieder auf Art. 33 Abs.
5 GG, der gerade im kirchlichen Dienstverhältnis nicht anwendbar
ist.
Zum anderen - die Anwendbarkeit des Art. 33 Abs. 5 GG einmal
unterstellt-
ist der hier vorliegende Fall ein anderer. Hier hatte der Kläger
ursprünglich
eine volle Planstelle inne und wurde aus dieser gemäß
kirchenrechtlichen
Vorschriften ordnungsgemäß abberufen. Dass er im Wartestand
Beschäftigungsaufträge entweder von der Beklagten angeboten
bekam,
bzw. kirchenintern erstritten hat, die nur im Rahmen einer
Teilzeitbeschäftigung
lagen, ist allein nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hat nicht
dargelegt, dass nicht neben seinem Beschäftigungsauftrag die
Bemühungen,
den Kläger wieder in eine volle Planstelle einzuweisen,
fortliefen.
Dieses liegt allein schon deswegen nahe, weil ein
Beschäftigungsauftrag
schon nach dem Wortlaut zeitlich beschränkt ist, und somit keinen
Ersatz für eine Planstelle darstellt. Mit anderen Worten: der
Kläger
hat nicht im Ansatz dar-
(Seite 12)
gelegt, dass er nach der Abberufung aus seiner Planstelle auf Dauer
nur noch teilzeitbeschäftigt worden wäre.
Die Rechtsgültigkeit der angegriffenen kirchlichen Regelung
hängt
auch im übrigen nicht von der Übereinstimmung der
kirchenrechtlichen
Bestimmungen mit entsprechenden Normen des einfachgesetzlichen,
staatlichen
Beamtenrechts ab. Die staatlichen beamtenrechtlichen Regelungen und
Grundsätze
geben keinen Maßstab dafür ab, weil sie nicht
höherrangig
sind und nicht zu den für alle geltenden Gesetzen i.S.d. Art. 140
GG, Art. 137 Abs. 3 Satz l WRV gehören,
Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1967 - 6 C 68.67 -, BVerwGE 28,
345, 349.
Ob sonstige staatliche Rechtssätze als für alle geltende
Gesetze, deren Einhaltung die staatlichen Gerichte zu prüfen
haben,
auch kirchliche öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
betreffen,
kann offenbleiben,
vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 - 2 C 21.78 BVerwGE 66, 241,
249 f..
Denn jedenfalls ist keine Verletzung derartiger staatlicher
Rechtssätze
erkennbar.
Die vermögensrechtlichen Auswirkungen der Versetzung in den
Wartestand
verletzen nicht das Willkürverbot des Art. 3 GG.
Denn es ist gerade Ausdruck des durch Art. 140 GG, 137 Abs. 3 WRV
gewährleisteten
Selbstbestimmungsrechts und der Ämterautonomie der
Religionsgesellschaften,
dass die Kirchen- und Religionsgemeinschaften frei bestimmen
dürfen,
welche Anforderungen an die Amtsinhaber zu stellen sind und welche
Rechte
und Pflichten diese im einzelnen haben,
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 - 2 C 21.78 -, BVerwGE 66,
241, 243.
(Seite 13)
Das Selbstbestimmungsrecht enthält auch die Regelungskompetenz
zur Festlegung der Voraussetzungen, unter denen ein Kirchenbeamter in
den
Wartestand versetzt werden kann und ein gegenüber der vollen
Besoldung
prozentual abgestuftes Wartegeld enthält. Die in Ausübung
dieser
Regelungskompetenz ergangene Vorschriften, wonach ein Kirchenbeamter in
den Wartestand versetzt werden kann, wenn er das von ihm bekleidete Amt
nicht gedeihlich weiterführen kann und sein Ausscheiden aus dem
Amt
aus kirchlichen Gründen zwingend geboten ist, dient der
Sicherstellung
des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses und ist
jedenfalls
nicht willkürlich.
Der Kläger hat auch selbst nicht behauptet, dass die Anwendung
der kirchenrechtlichen Vorschriften im Einzelfall willkürlich
erfolge.
Die auf 75 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge
festgesetzte
Höhe des Wartegeldes verstößt ferner nicht unter
Sozialstaats-,
Fürsorge- oder Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten
gegen staatliche Rechtssätze. Das Wartegeld genügt den
Mindestanforderungen
sozialer Sicherung, wie sie im staatlichen Bereich gelten,
vgl. OVG NW, Urteil vom 23. September 1997 - 5 A 3031/95 -m.w.N.
(b) (Versetzung in den Ruhestand)
Der Kläger hat ferner zur Zeit keinen Anspruch auf die begehrte
Feststellung, dass seine Versetzung in den Ruhestand unzulässig
ist.
Die beantragte Feststellung berührt die inneren Angelegenheiten
der Beklagten. Zu diesen gehört unzweifelhaft das Recht, Amt und
Status
ihrer Geistlichen abschließend und ohne staatliche Mitwirkung
festzulegen
und gegebenenfalls auch wieder zu entziehen. Diese sog. Statusfrage des
Klägers entzieht sich zwar nicht grundsätzlich zwingend der
staatlichen
Gerichtsbarkeit, da es auch in diesem Bereich vorkommen mag, dass
innerkirchliche
Rege-
(Seite 14)
lungen mit ihren Auswirkungen in den Bereich des Öffentlichen
hinübergreifen.
Jedenfalls gebietet es aber die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme
der staatlichen Gerichte, über die Fragen des kirchlichen
Amtsrechts
nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des
Justizgewähranspruchs
jedenfalls nicht vor Erschöpfung des innerkirchlichen
Rechtsweges
zu entscheiden.
vgl. BVerfG, l. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss v. 18.09.1998
-2 BvR 1476/94- in NJW 1999, 349.
Bezüglich dieser Angelegenheit ist das kircheninterne
Widerspruchs-
und Klageverfahren noch nicht abgeschlossen, wie der Kläger in der
mündlichen Verhandlung darlegte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. l VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
! Für die
Richtigkeit der vorliegenden Abschriften wird keine Gewähr
übernommen
!
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AMT & DIENST - KIRCHENRECHT |
Materialien zum Problem der Pfarrerdienstanweisung in der Kirche |